Die afrikanische Schweinepest ängstigt Alois Voß derzeit mehr als Corona: Wie Marsmännchen verkleidet betreten Studierende der Ahauser Abendrealschule daher in der letzten Woche die Stallungen: Overall und Überzieher schützen die Schweine, nicht die Menschen. Zehn Studierende des Driland-Kollegs haben sich aufgemacht, um zu erfahren, wo das abgepackte Schnitzel im Supermarkt eigentlich herkommt. Bei Alois und Sabine Voß empfängt man sie mit offenen Armen, schreibt das Kolleg in einem Pressetext zum Hofbesuch.
Nach einer standesgemäßen Begrüßung mit Schinken- und Wurstbrötchen erklärt der Landwirt herzlich und ehrlich seinen Betrieb. Einigen Studierenden ist dabei sichtlich mulmig zumute. Auch wenn alle jungen Leute aus Ahaus und Umgebung stammen, kennen sie einen landwirtschaftlichen Betrieb kaum von innen. Doch die Unterschiede zwischen den jungen Erwachsenen sind groß: Während einigen die Berührung mit den Tieren unangenehm ist, knuddeln andere schnell mit den rosa Ferkelchen herum. Für Nicole Lölfing steht schon lange fest: Sie will nach ihrem Schulabschluss mit Tieren arbeiten: „Wenn man mit Tieren arbeitet, kriegt man direkt eine gute Rückmeldung", sagt die Studierende aus Vreden.
Die Erkundung des Schweinezuchtbetriebs in Ottenstein-Hörsteloe hat der Lehrer des ersten Semesters der Abendrealschule, Thomas Leuker, im Rahmen der Berufsorientierung des Faches Arbeitslehre organisiert: „Auch bei uns in der Erwachsenenbildung gilt: Möglichst kein Abschluss ohne Anschluss! Abläufe vor Ort kennenzulernen, hilft den Absolventen enorm bei ihrer Orientierung." Die Vermittlung der Betriebserkundung hat der Kreisverband Borken des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes organisiert, der sich zum Ziel gesetzt hat, Interessierte über die Arbeit auf den Höfen in der Region vermehrt direkt vor Ort zu informieren. So war Stephan Wolfert in seiner Funktion als Pressesprecher des Verbandes sofort bereit, den Kontakt zwischen Familie Voß und dem Driland Kolleg herzustellen, lobt die Schule in ihrer Pressemitteilung zum Hofbesuch das Engagement des Verbands.
Aus den Problemen, mit denen die Familie Voß kämpft, macht der Sauenhalter keinen Hehl: Tierschutzauflagen zwingen ihn seit Jahren zu immer neuen Umbaumaßnahmen. Futter selbst zu produzieren, stellt den Familienbetrieb vor logistische Herausforderungen. Für die Studierenden wird deutlich: Mit etwas Futter ist es nicht getan. Auch in einem Schweinemastbetrieb muss man einiges können, heißt es im Pressetext: Angefangen bei EU-Anträgen über Futterkalkulationen bis hin zur Kooperation mit Berufskollegen und staatlichen Stellen muss auch ein Landwirt heute einiges drauf haben.
Landwirtschaft bietet auch Perspektiven für "Nicht-Bauernkinder"
Und dann ist da noch die Frage danach, wer den Betrieb eines Tages weiterführt: Nach vier Generationen könnte auch hier Schluss sein, denn keines der vier Kinder sieht seine berufliche Zukunft in der Landwirtschaft. Junge Leute, die sich vorstellen können, in der Landwirtschaft zu arbeiten, kommen heutzutage nicht mehr immer aus der eigenen Familie. Auch eine Betriebsübergabe an Personen außerhalb der Familie ist ein Modell, das unter anderem der Bauernverband beratend begleitet.
Wenige Tage später führt das Kolleg mit einer anderen Studierendengruppe eine ähnliche Hofbesichtigung auf dem Bullenmastbetrieb der Familie Schulze Dinkelborg in Gronau durch. Lehrer Thomas Leuker zieht am Ende der beiden Hofbesuche ein positives Fazit: „Ich bin begeistert, wie transparent beide Landwirte ihren Betrieb und ihren Beruf vorgestellt haben. Auch die Studierenden waren beeindruckt. Es wäre schön, wenn mehr Schulen dieses Angebot nutzen würden."
Der Text hat ihr Interesse am Lernort Bauernhof geweckt?
- Schulen, die Interesse an einer Hofbesichtigung haben, können mit der Hoffinder-Suchfunktion auf der Seite www.bauernhof.net Betriebe und Ansprechpartner in ihrer Nähe finden.
- Landwirtschaftliche Betriebe, die sich zum Thema Corona-Sicherheit informieren möchten, finden einen mit dem Kreisgesundheitsamt abgestimmten „Hygieneleitfaden zu Betriebsbesuchen" auf den Seiten des Kreisverbandes unter www.wlv.de.