Das war 2024: | 27. Dezember 2024

Ein herausforderndes und bewegtes Jahr für die Landwirtschaft

Bei der Getreideernte 2024 konnten sich die Bäuerinnen und Bauern über bessere Erntebedingungen als im Regensommer 2023 freuen, allerdings enttäuschten die Erträge.
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Kreisverbandsvorsitzender Thomas Döring: Bauerndemos, Ampel-Aus und Mercsour Heimische Nahrungsmittelversorgung ist Basis für Demokratie

Ruhr-Lippe (wlv). „Schon der Start ins Jahr 2024 war für uns Bauern und Bäuerinnen in der Region Ruhr-Lippe (Bochum, Dortmund, Hamm, Herne, Kreis Unna) ungewöhnlich und es folgte ein herausforderndes und bewegtes Jahr “, blickt der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ruhr-Lippe Thomas Döring zurück.

1500 Traktoren auf der B1 zum Jahresstart

Besonders im politischen Bereich war das Jahr ereignisreich und so begann es direkt Anfang Januar mit Bauernprotesten. Landwirte, Lohnunternehmer und Spediteure waren unterwegs forderten mehr Planungssicherheit und Verlässlichkeit seitens der Politik. Auslöser für die Proteste war das Vorhaben der Bundesregierung, die Agrardieselkonditionen zu streichen und landwirtschaftliche Zugmaschinen zu besteuern. „Nachdem wir bereits in den vorherigen Jahren mit unpraktikablen Auflagen, fehlender Planungssicherheit und vielen Kürzungen zu kämpfen hatten, brachte dieses Vorhaben der Bundesregierung das Fass zum Überlaufen“, blickt Döring zurück. Am 8. Januar setzten die Bäuerinnen und Bauern der Region ein kraftvolles und solidarisches Zeichen: Mehr als 1500 Traktoren und zahlreiche Teilnehmer aus den Reihen der Spediteure und Handwerker zogen zwischen Unna und Geseke über die alte B1. Es folgten Fahrten nach Berlin und viele Gespräche mit Politikern.

Nach dem politischen Anfang endet das Jahr für die Landwirtschaft ebenfalls politisch. Neben dem Ampel-Aus ist es besonders das Mercosur-Freihandelsabkommen, dass heimische Bäuerinnen und Bauern trifft. „So haben wir uns in einem offenen Brief an unsere EU-Abgeordneten mit der dringenden Bitte gewandt, den agrarpolitischen Teil nachzuverhandeln“, sagt Döring, denn dieses Abkommen würde auch für die heimischen Verbraucherinnen und Verbraucher, sowie die Landwirtschaft nicht ohne Folgen bleiben.

 

Immer weniger Höfe

„Der Strukturwandel ging in unserer Region auch in 2024 ungebremst weiter“, sagt Döring. Die fehlende Planbarkeit, unsichere Zukunftsaussichten und vielfach nicht stemmbare Auflagen würden dazu führen, dass es in nahezu jedem Dorf einen oder mehrere Höfe gebe, die in den letzten Jahren aufgegeben hätten oder die Aufgabe in den kommenden Jahren schweren Herzens planen würden, so der Landwirtevorsitzende. Für die, die weitermachen wollten, sei der Schritt in die Zukunft häufig mit hohem finanziellem Risiko und bürokratischen Hürden verbunden.

 

Wetter: erst nass, dann wechselhaft

Nach dem extrem nassen Winterhalbjahr 2023/24 und einem ebenfalls feuchten Frühjahr starteten die Landwirtinnen und Landwirte unter schwierigen Bedingungen in das Erntejahr 2024. Die Staunässe hatte vielerorts die jungen Getreidebestände geschädigt und zu erheblichen Ertragsverlusten geführt. Thomas Döring fasst zusammen: „Bessere Erntebedingungen als im Regensommer 2023, aber enttäuschende Erträge. Wir mussten in einigen Regionen beim Getreide Ertragsverluste von bis zu 40 Prozent hinnehmen.“

Die Früchte des Herbstes seien hingegen besser gewachsen, so der Landwirt und erläutert: „Die Zuckerrüben haben zwar niedrige Zuckergehalte, weisen aber mengenmäßig gute Erträge auf. Die Kartoffelernte war gut, allerdings machte uns im Frühjahr die feuchte Witterung zu schaffen, die die Kraut- und Knollenfäule, eine Pilzkrankheit, extrem begünstigte.“ Beim Mais seien die Erträge in diesem Jahr durchschnittlich gewesen.

Im Vergleich zu den extrem trockenen Sommern, würden die Bäuerinnen und Bauern sich in diesem Jahr über ausreichend Futter für Rinder, Pferde und Schafe freuen, denn Wiesen und Weiden seien gut gewachsen.

 

Blauzungenkrankheit

„Rinder- und Schafhalter werden sich lange an das Jahr 2024 als das Blauzungenjahr erinnern“, so Döring. In diesem Frühjahr und Sommer sei ein neuer Serotyp dieser Viruserkrankung aufgetaucht, die durch Mücken übertragen werde. Für Menschen sei das Virus ungefährlich, würde aber Schafen und Rindern sehr zu schaffen machen. „Der Gang morgens früh in den Stall oder auf die Weide und die bange Erwartung, ob Tiere erkrankt sind, war für viele Bauernfamilien in diesem Jahr enorm belastend“, sagt er.

Ausblick 2025

„Witterungsmäßig erleben wir in der Region den Jahreswechsel deutlich entspannter als im letzten Jahr“, sagt Döring. Die Saat habe im Herbst gut in den Boden gebracht werden können und die Pflanzen sähen in den meisten Fällen zufriedenstellend aus. Politisch sei eine Prognose allerdings sehr schwierig. „Fakt ist jedoch, dass eine sichere heimische Nahrungsmittelversorgung die Basis für eine stabile Demokratie und für stabile gesellschaftliche Verhältnisse ist“, so Döring. Das beteuere auch die Politik immer wieder, nur müsse sie auch endlich die Rahmenbedingungen schaffen, um der heimischen Landwirtschaft Zukunftsperspektiven zu geben, so der Landwirtevorsitzende.