"Die Bundespolitik kann sich davon eine Scheibe abschneiden"

Landwirte meistern Dauerregen - und ernten Richtlinien
Die Ernte startete erfolgversprechend. „Für die Futterbaubetriebe war es ein gutes Jahr. Aber der Dauerregen im Juli und August hat zu Qualitätsverlusten bei Weizen, Roggen und Triticale geführt. Die Landwirte hatten Nöte, das reife Getreide von den Feldern zu holen“, so Andreas Westermann, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Warendorf. Am Freitag überreichten die Landwirte die Erntekrone an Landrat Dr. Olaf Gericke. Noch rechtzeitig vor dem Dauerregen hatte der Ortsverband Walstedde Getreide geerntet und eine prächtige Erntekrone gebunden.
Dank modernster Technik konnte trotz des schlechten Wetters geerntet werden. Für den menschlichen Verzehr war das Getreide vielfach nicht mehr geeignet. Aber den Schweinen schmeckt‘s. Der Rest kommt in die Biogasanlagen. „Wir können so schwere Zeiten nur meistern, weil wir modern arbeiten und vielfältig aufgestellt sind und es zeigt eindrucksvoll, zu was die Landwirtschaft in der Lage ist, wenn man sie nur lässt: Wir haben viele innovative Köpfe, die ihre Betriebe zukunftsfähig aufstellen. Aber dafür müssen Landes- und Bundespolitik die Rahmenbedingungen schaffen. Tun sie aber nicht. Stattdessen ernten wir immer neue Richtlinien“, so der Verbandsvorsitzende und ergänzt: „Landes- und Bundespolitik könnten sich an der guten Zusammenarbeit hier im Kreisgebiet eine Scheibe abschneiden.“
Auch der Präsident der Landwirtschaftskammer NRW bestätigte: In der Coronazeit und zu Beginn des Ukrainekrieges sei der Landwirtschaft Systemrelevanz attestiert worden. „Aber das haben Berlin und Brüssel längst wieder vergessen. Dabei brauchen wir für künftige Krisen unbedingt unsere heimische Lebensmittelproduktion“, mahnte Kammerpräsident Karl Werring.
Was unternehmerischer Mut und Weitsicht leisten können, zeigte Landwirt Carl-Hendrik May, auf dessen Hof die Übergabe der Erntekrone stattfand. Er hat seinen Betrieb auf Haltungsstufe 4 umgestellt und bietet das „Ameker Strohschwein“ an: Im Außenklimastall haben die Tiere viel Platz. Der Transport zum Schlachthof bleibt ihnen erspart, die Schlachtung geschieht direkt auf dem Hof. Durch bodentiefe Fenster können Kunden die folgenden Zerlegeschritte transparent verfolgen. „Aber für solche Stallbauten, die das doppelte der bisherigen Haltungsform kosten, brauchen wir eine Verbindlichkeit der Politik. Die fehlt seit Jahren“, so May.
Landrat Dr. Olaf Gericke dankte den Landwirten für die Erntekrone: „Diese schöne Krone ist ein Zeichen der tiefen Verbundenheit zwischen der Landwirtschaft und der Kreisverwaltung. Unsere heimischen Landwirte sorgen für unsere Versorgungssicherheit und müssen gestärkt werden. Schließlich hat das letzte Jahr gezeigt, wie riskant es ist, wichtige Wirtschaftsbereiche ins Ausland auszulagern.“