21. November 2022

Deutsche Herkunftskennzeichnung als Alleinstellungsmerkmal nutzen

Trotz schwerer Themen ging es mitunter auch heiter zu in der Sitzung des Kreisverbandsausschusses. Informierten sehr versiert: WLV-Veredlungsreferentin Manuela König-Lehmkuhl (Tierwohl, Klimaschutz, ASP) und der stellvertretende Geschäftsführer der WestfalenLand Fleischwaren GmbH, Frank Baum (Marktentwicklung und Perspektiven im LEH).

Vorträge zu Tierwohl, Klimaschutz und Perspektiven im LEH

Lieferengpässe, politisch und gesellschaftlich gefordertes Tierwohl, gleichzeitig inkonsequentes Kaufverhalten an der Ladentheke, Preisstürze besonders bei der Ferkelproduktion und inflationsbedingtes Angst-Sparen beim Verbraucher – die Liste der Herausforderungen für die Landwirtschaft ist lang.

„Tierwohl ist richtig! Aber wir brauchen gesicherte Verträge und verlässliche Partner! Sonst können wir keinem Landwirt empfehlen, zu investieren, insbesondere nicht, wenn kein Absatz dahintersteht“. Manuela König-Lehmkuhl fand klare Worte beim Kreisverbandsausschuss. Die 36jährige ist seit einem Jahr Veredlungsreferentin im WLV und hat zuvor 10 Jahre in der produktionstechnischen Beratung für Schwein und Rind gearbeitet.

Aber wie steht es tatsächlich um die Verlässlichkeit der Partner? Das war eine der zentralen Fragen in der Sitzung des Kreisverbandsausschusses; geht es doch um Millioneninvestitionen, die ohne

Verarbeiter: "Können keine langfristigen Verträge machen"

Sicherheit kaum zu realisieren sind. Die Antwort aus dem Handel war deutlich: „Langfristige Verträge können wir nicht machen. Dafür sind die Märkte zu stark durcheinander gerüttelt. Aber der Handel ist nicht ausgeschert oder einen Schritt zurückgewichen. Und: Alle in der Kette tragen Verantwortung: Der Handel, die Schlachthöfe, der Ferkelerzeuger, der Vermarkter, der Verbraucher“, so Frank Baum, stellvertretender Geschäftsführer der WestfalenLand Fleischwaren GmbH.

Der Sachstandsbericht des Fachmanns war schwere Kost für die anwesenden Landwirte: Die Wertschöpfung aus dem Export fehlt, der Export beim Schweinefleisch ist in der ersten Jahreshälfte allein in Deutschland um 34 Prozent eingebrochen. Das entspricht 260.000 Tonnen. Damit liegen die heimischen Produzenten hinter dem größten Exportverlierer Italien (minus 40 %) und Österreich (minus 37 %) auf einem unrühmlichen dritten Platz. Knackpunkt: „Wird eine magische Preisgrenze überschritten, ändert sich auch das Kaufverhalten. Das erleben wir mit Blick auf die Inflation derzeit verstärkt“, so Baum. Das sei momentan insbesondere bei Rindfleisch der Fall. Nur im teuersten Segment, dem Rinderfilet, sei der Absatz nahezu ungebrochen, weil der klassische Filet-Käufer trotz Inflation über ausreichend Kaufkraft verfüge.

Zurück zum Exportverlust: „Deutsche Landwirte und der deutsche Handel sind im europäischen Vergleich nicht mehr wettbewerbsfähig! Die Auflagen

"Müssen unsere Produkte von EU-Ware abgrenzen"

und die Produktionskosten sind zu hoch“, bilanzierte der Fachmann und empfahl: „Wir müssen uns auf den heimischen Markt konzentrieren und uns über die deutsche Herkunft unserer Ware von den Nachbarländern absetzen. Dann haben wir Chancen.“ Der Vorstoß zu „5 x D“ gehe also in die richtige Richtung.

Auch Manuela König-Lehmkuhl hält die Herkunftskennzeichnung für dringen notwendig, um sich gegen Fleischproduktion aus dem Ausland zu anderen Standards durchzusetzen. Und: „Tierwohl wird uns nicht loslassen, auch wenn die Regale derzeit eher leer bleiben. Wir müssen Tierwohl Schritt für Schritt in sicheren Verträgen weiterentwickeln.“

Ihr Fazit: Nutztierhaltung dürfe nicht mehr singulär betrachtet werden, sondern immer in Verbindung mit Tierwohl, Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Es gebe viel Potential, die Höfe breiter aufzustellen, etwa

"Höfe haben viel Potential, sich breiter aufzustellen"

mit Photovoltaik, Windrädern oder Biogas. Die Agrarflächen würden stärker genutzt für Klimaschutz, etwa Humusaufbau oder Agri-PV. Potential liege auch in der Pflanzenproduktion für nicht-tierische Lebensmittel, etwa dem Haferanbau für Hafermilch. „Auch wenn das derzeit eher unpopulär sei: Das ist ein Riesen-Markt!“, ist die Veredlungsreferentin überzeugt. Und last but not least: Regionalität werde immer wichtiger und wo es kurze Transportwege gebe, sollten diese auch genutzt werden.