21. Januar 2016

Kooperation statt Ordnungsrecht

Die Landwirtschaft im Kreis steht unter Druck wie selten zuvor. Dies wurde bei allen Redebeiträgen des gestrigen WLV-Kreisverbandstages deutlich. Bei seiner Kreisverbandstag-Premiere als Vorsitzender setzte Michael Uckelmann der Tristesse einen deutlichen Appell entgegen.

Desolate Erzeugerpreise für Milch und Fleisch, angekündigte Gesetzesverschärfungen und ein gesellschaftlicher Agrarwende-Mainstream: Die Landwirtschaft im Kreis steht unter Druck wie selten zuvor. Dies wurde bei allen Redebeiträgen des gestrigen Kreisverbandstages der Landwirte in Senden deutlich. Bei seiner Kreisverbandstag-Premiere als Vorsitzender setzte Michael Uckelmann der Tristesse einen deutlichen Appell entgegen: „Kopf in den Sand stecken gilt nicht! Landwirte müssen versuchen, aktiver mitzugestalten, als Fachleute aufzutreten und wahrgenommen zu werden.“

Es gebe viele Beispiele, wo unsere Landwirte schon vorangehen, führte der 34-Jährige den 300 Besuchern in der gut gefüllten Steverhalle vor Augen: „Die Resonanz auf die Initiative Tierwohl war super, nur leider reichen die zugesagten Gelder immer noch nicht aus, dass alle mitmachen können.“ Obwohl es dem Bauernverband durch gezielte Kampagnen gelungen sei, weitere Lebensmitteleinzelhändler wie K+K zur Teilnahme zu bewegen: „Auch Edeka lässt nach den Aktionen im Weihnachtsgeschäft vor Filialen in Coesfeld, Lüdinghausen und Billerbeck auf eine Steigerung des Tierwohl-Beitrags hoffen.“ Ähnlich sieht Uckelmann, der selber auf seinem Hof in Hiddingsel Schweine hält, den Berufsstand beim Thema „Schwanzbeißen und Schwänze kupieren“ in der Vorreiterrolle. Das gemeinsam von Bauernverband und NRW-Landwirtschaftsministerium forcierte Ringelschwanzprojekt, bei dem auch einige schweinehaltende Betriebe im Kreis Coesfeld auf das Kürzen der Schwänze bei den Ferkeln verzichten, zeige die Veränderungsbereitschaft der Landwirtschaft: „Die Zwischenergebnisse sind noch nicht überzeugend, geben uns aber Zeit zu forschen. Denn mit Ordnungsrecht hört das Schwanzbeißen auch nicht auf.“ Diese Bereitschaft lobte denn auch Landrat Dr. Christian Schulze Pellengahr in seinem Grußwort: „Diejenigen, die behaupten, dass die Landwirtschaft nur eigene Interessen im Blick habe, haben unrecht.“ Zugleich versprach er, dass die Kreisverwaltung vorhandene Ermessensspielräume in der Rechtsauslegung im Sinne der Landwirte nutzen wolle, um praktikable Lösungen zu finden.

Sowohl Uckelmann als auch Schulze Pellengahr nannten darüber hinaus das Thema Biodiversität als positives Beispiel. Auch hier sei die Landwirtschaft bereit, Verantwortung zu übernehmen und zu liefern. Allein im Kreis Coesfeld habe die Landwirtschaftskammer 2015 1200 Hektar an Blühstreifen, Uferrandstreifen, Brachflächen und Wildäckern gezählt, die Landwirte freiwillig angelegt haben. Tendenz steigend: „Das ist klasse, bitte macht so weiter!“, dankte Uckelmann den Berufskollegen.

Hauptredner Carl-Albrecht Bartmer unterstrich, dass der Ruf nach dem Staat bei der Suche nach einer möglichst nachhaltigen Form der Landwirtschaft nicht die Antwort der Gesellschaft sein dürfe. Der Präsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) forderte die Übertragung des Subsidiaritätsprinzips von der EU-Politik auf den ländlichen Raum. Er warb dafür, dass sich die Politik heraushält, „wenn der einzelne Landwirt allein zu besseren Lösungen kommt.“ Er empfahl der Politik auf der anderen Seite Zurückhaltung bei Hilferufen aus der Landwirtschaft, forderte im Gegenzug aber „verlässliche Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln und Innovationen“.

Dass es um diese Verlässlichkeit nicht bestens bestellt ist, machte der Geschäftsführer des Kreisverbandes, Raphael van der Poel, in seinem Geschäftsbericht deutlich. Er musste von einem beschleunigten Strukturwandel berichten, abzulesen auch an einer steigenden Zahl vorzeitiger Rentenanträge und einem Einbruch der Anträge für Stallbauten und Wirtschaftsgebäude.

Dass die Landwirtschaft auch beim Thema Kommunikation bereit sei, neue Wege zu gehen, machten sowohl Landjugend-Vertreter Hubertus Kleuter (Lüdinghausen) als auch Öffentlichkeitsausschuss-Sprecher Tobias Großerichter (Herbern) deutlich. Letzterer verwies mit Freude auf den erfolgreichen Start der Facebook-Seite „Coesfelder Bauernfamilien“ mit über 40.000 erreichten Lesern seit dem Start im November.

Dass der Wohlstand der Landwirtschaft und der des gesamten Kreises eng zusammenhängen, machte Bürgermeister-Sprecher Richard Borgmann (Lüdinghausen) in seinem Grußwort anhand der Geschichte eines kleinen Jungen deutlich. Dem gab der Vater ein schwieriges Puzzle mit der Landkarte des Kreises Coesfeld zum Zusammensetzen an die Hand. Er war schnell damit fertig und erklärte seinem erstaunten Vater: „Auf der Rückseite war ein Bauernhof abgebildet. Den habe ich richtig zusammengesetzt. Und als der Bauernhof in Ordnung war, war es auch der Kreis Coesfeld.“

Weitere Informationen und Bilder finden Sie in der Rubrik "Kreisverband Aktuell" oder der Facebook-Seite "Coesfelder Bauernfamilien".

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