Pressegespräch | 25. September 2024

Zu nass: Erntebilanz im Kreis Borken fällt durchwachsen aus

Auf dem Spargel- und Erdbeerbetrieb von Andre Brösterhaus in Heiden (m.) zogen die Landwirte-Vertreter heute Erntebilanz mit Heinz-Josef Elpers (l.) für den WLV und Heinrich Emming für die Landwirtschaftskammer NRW. In diesen Tagen geht bei Brösterhaus eine auch bei den Erdbeeren herausfordernde Erntesaison zu Ende. Foto: Stephan Wolfert, WLV
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Noch mehr als besseres Wetter vermissen die Landwirte verlässliche Perspektiven

Heinz-Josef Elpers hat heute Morgen noch einmal tagesaktuell in seine betrieblichen Wetteraufzeichnungen für das zurückliegende Jahr geschaut. In den letzten 375 Tagen stehen dort für den Hof des Stellvertretenden Kreisverbandsvorsitzenden in Ahaus-Wessum 1270 Liter Niederschlag pro Quadratmeter verzeichnet. Das sind fast 50 Prozent mehr als im Mittel der letzten 30 Jahre. Die daraus folgenden Auswirkungen auf die Landwirtschaft kommen heute in Heiden auf dem Hof Brösterhaus beim Erntebilanz-Pressegespräch des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes mehrfach zur Sprache. Im Fazit sprechen die Landwirte-Vertreter von einem durchwachsenen Erntejahr mit etwas Licht bei Gerste, Mais, Rüben und Gras sowie Schatten bei den übrigen Getreidesorten und vor allem bei Kartoffeln.

Brösterhaus: "Ohne Pflanzenschutz hätten wir einen Totalausfall gehabt"

Welche extreme Herausforderung in dieser Saison der Ackerbau mit sich gebracht hat, verdeutlicht Gastgeber Andre Brösterhaus am Beispiel seines Betriebs: Die Roggenaussaat war im letzten Herbst ins Wasser gefallen. Gezwungenermaßen hat er auf diesen Flächen jetzt im Frühjahr Mais eingesät. Aufgrund der Witterung war die Pflanzung von Kartoffeln und Zuckerrüben auch nur verzögert möglich. Durch den anhaltenden Regen hatten die Kulturen extrem mit Krankheitsdruck zu kämpfen, bei Rüben und Kartoffeln vor allem mit Krautfäule, so Brösterhaus: „Ohne den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln hätten wir einen Totalausfall gehabt.“ Hierzu mahnt Elpers bei der Politik an, dass man mit pauschalen Reduktionszielen oder gar der Forderung nach Komplettverboten beim Pflanzenschutz an der Realität vorbeigehe: „Wir Landwirte reagieren auf den Klimawandel mit verschiedensten Maßnahmen wie einem breiteren Fruchtfolgenwechsel, trockenheits- und krankheitsresistenteren Sorten oder einer geänderten Landbewirtschaftung. Die Verringerung des Einsatzes teurer Pflanzenschutzmittel gehört auch dazu. Aber nach dem Motto ‚So wenig wie möglich und so viel wie nötig!‘ brauchen wir weiterhin einen ausreichenden Werkzeugkasten, um unsere Pflanzen gesund zu erhalten.“ Sonst könne das Ziel einer sicheren Versorgung der Bevölkerung mit heimischen Lebensmitteln nicht erreicht werden, pflichtete ihm Heinrich Emming bei. Der Kreislandwirt auf Ebene der Landwirtschaftskammer NRW ergänzt, dass neben den immer rigideren Vorgaben und Verboten auch eine sehr engstirnige Bürokratie den Landwirten das Leben schwer mache. Beispiel Düngung: „Die gesetzlich so abgesteckten, immer engeren Zeitfenster für die organische Düngung mit Gülle oder Mist stehen häufig im Widerspruch zur guten fachlichen Praxis, wann es für die Pflanze und zur Schonung des Bodens sinnvoll ist, zu fahren. Wir wollen nicht nach Kalender düngen, sondern danach, wann es für und mit der Natur fachlich sinnvoll ist“, plädiert der Landwirt aus Südlohn für sinnvolle Spielräume in den Regularien.

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Perspektiven in der Tierhaltung fehlen

Ähnliche frustrierende Auswirkungen hätten Fehlentwicklungen in anderen Bereichen der Landwirtschaft, etwa bei der Tierhaltung, wie Heinz-Josef Elpers kopfschüttelnd feststellt: „Wir erleben derzeit die paradoxe Situation, dass die betriebswirtschaftliche Situation in den letzten Monaten für die meisten Betriebe gut auskömmlich war und wir trotzdem eine große Unzufriedenheit bei den Berufskollegen spüren.“ Was fehlt, sei die Perspektive: „Die Verunsicherung ist groß. Unsere Familienbetriebe vermissen da die klaren Weichenstellungen und politischen Signale, wie es weitergeht. Und das schon viel zu lange.“ Dies sei auch für ihn die Grundlage für eine betriebliche Neuausrichtung gewesen, so Andre Brösterhaus: „Aufgrund der absehbar fehlenden Perspektive, die Schweinehaltung hier am Standort weiterzuentwickeln, habe ich mich schon vor zehn Jahren entschieden, in unserer Betriebsentwicklung auf den Spargel- und Erdbeeranbau zu setzen.“ Ein Weg, der für ihn bislang funktioniert habe.

Die dahinterstehende Aussage zur Entwicklung in der Tierhaltung macht Heinrich Emming aber auch Sorge: „Die Landwirtschaft gerade hier im Westmünsterland ist nie stehen geblieben. Die Familien haben ihre Betriebe immer weiterentwickelt. Sehr viele Berufskollegen wissen aber seit einigen Jahren nicht mehr, wohin sie ihre Höfe landwirtschaftlich weiterentwickeln sollen und suchen ihre Perspektiven und ihre Investitionsmöglichkeiten auch außerhalb der eigentlichen Landwirtschaft.“

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Erntebilanz-Pressegespräch in Heiden