MK: Informationsabend mit Sachverständigen | 18. November 2023

„Der Wolf spaltet die Gesellschaft in Stadt und Land“

Heiko Cordt, Reinhard Cramer, Axel Lohmann, Ralf Schwarzkopf, Ulrich Brinckmann und Bernd Eichert (von links).

Zwei Standpunkte zogen sich wie ein roter Faden bei allen Rednern durch den Abend: „Der Wolf spaltet die Gesellschaft in Stadt und Land“ und zweitens mache „Nur EIN Tier“ ALLEN anderen Tieren und den Menschen große Probleme.

Der Einladung des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Märkischer Kreis am Donnerstag, 16. November, zum Thema „Wolfsgebiet Märkisches Sauerland – Bedeutung und Konsequenzen“ folgten 70 Gäste in die Scheune des Bauernhofes der Familie Spelsberg in Großendrescheid. Der Wolfsbeauftragte des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV), Landwirt Bernd Eichert aus Wenden, brachte die Verzweiflung der Tierhalter auf den Punkt: „Es wird nicht reichen, einzelne Problemwölfe zu töten, die Population wächst rasant – wir Landwirte sagen jetzt NEIN, wir können das Problem, das andere geschaffen haben, nicht alleine lösen.“

„Lösung des Konfliktes geht viel zu langsam voran“

Dem Vorsitzenden des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes, Landwirt Ulrich Brinckmann aus Iserlohn, geht es bei der Lösung des Konfliktes Wolf gegen Weidetierhaltung in der Politik viel zu langsam voran: „Dass wir Landnutzer allein gelassen werden zeigt das Unverständnis der städtischen Bevölkerung für die tatsächlichen Bedrohungen durch das gefährliche Raubtier. Wir dürfen es nicht zu einer Spaltung von Stadt- und Landbevölkerung kommen lassen!“

„Die Grundidee, den Wolf in ganz Deutschland haben zu wollen, ist falsch“

Anlass für den Informationsabend war die im September erfolgte Ausweisung des Märkischen Sauerlandes als offizielles Wolfsgebiet. Damit ist für die Tierhalter eine gewisse Förderung von Schutzmaßnahmen möglich geworden. Dass besonders die CDU im Landtag sich dafür stark gemacht habe, diesen Status zu erreichen, beschrieb Landtagsabgeordneter Ralf Schwarzkopf als „nur ersten Schritt“: „Es geht beim Zusammenleben mit dem gefährlichen Raubtier nicht nur um die finanziellen Auswirkungen, das Thema ist hochemotional. Gerissene Schafe oder Ziegen sind traumatisierend für die gesamte Tierherde und ganz besonders für die Halter.“ Die Grundidee, den Wolf in ganz Deutschland haben zu wollen, sei falsch, führt Schwarzkopf weiter aus.

„Fördermöglichkeiten sind gering“

Da wirkten die Ausführungen von WLV-Agrarberater Axel Lohmann zur nun möglichen praktischen Umsetzung des Herdenschutzes auf das Publikum fast wie Makulatur: Es werde für Schutzzäune wie für Schutzhunde lediglich die Anschaffung gefördert, Zaunbau und -pflege sowie Unterhaltung eines Hundes seien Privatsache der Landwirte. Und dass 90 cm hohe Zäune im Sauerland Wölfe abhalten würden, kommentierte das Publikum ob der Unwahrscheinlichkeit mit verständnislosem Kopfschütteln.

„Nicht jedes verletzte Tier ist ein Wolfsriss“

Das umständliche Verfahren zur Bestätigung eines Wolfsangriffes begründete der märkische Wolfsberater Heiko Cordt, ehemaliger Berufsjäger, mit den langen Postwegen und der aufwändigen DNA-Ermittlung. Dennoch bat er die Landwirte auch um Vorsicht bei der Verbreitung von Nachrichten über vermeintliche Wolfsattacken: „Nicht jedes draußen verletzte Tier ist von einem Wolf angegriffen worden.“

„Pferde sind Fluchttiere und rasen blindlings los“

Dass auch Pferde, vor allem Ponies, durchaus gefährdet seien, trug Reinhard Cramer, Wolfsbeauftragter für das Westfälische Pferdestammbuch, aus eigener Anschauung vor: „Bei Pferden kommt die Gefahr hinzu, dass sie bei der Bedrohung durch ein Raubtier als Fluchttiere blindlings unaufhaltsam davonrasen.“

„Wolf“ ist Chefsache im WLV

Im Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband habe Präsident Hubertus Beringmeier das Thema „Wolf“ inzwischen zur Chefsache erklärt, und Ministerpräsident Hendrik Wüst persönlich die Forderungen des Berufsstandes nach einer massiven Reduzierung der Wolfsrudel überreicht, bilanzierte Brinckmann und bedankte sich bei den Besuchern, die dieses „hochemotionale Thema heute erfreulich sachlich diskutiert“ hätten.

Mit 70 Gästen war die Scheune in Großendrescheid gut gefüllt.

WLV Bild

Kreisverbandsvorsitzender Ulrich Brinckmann freut sich über die sachliche Diskussion zu dem sehr emotionalen Thema "Wolf".

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