KV-Aktuell | 22. Oktober 2025

Rote Gebiete: Landwirte erwarten Entscheidung mit Tragweite

Bundesverwaltungsgericht prüft bayerische Regeln zu nitratbelasteten Gebiete

Mit Spannung erwarten die Initiative Gerechte Messstellen und der Landwirtschaftliche Kreisverband Minden–Lübbecke das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im Streit um die Wirksamkeit der bayerischen Regelungen zur Ausweisung von nitratbelasteten Gebieten. Die mündliche Verhandlung dazu findet an diesem Donnerstag, 23. Oktober, in Leipzig statt.

Es geht um die Revisionen gegen vier Urteile des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes. Dort waren Normenkontrollanträge von vier Landwirten verhandelt worden, die sich durch die Auflagen in den roten Gebieten in ihren Grundrechten auf Eigentum und Berufsfreiheit verletzt sehen und die jeweilige Gebietsausweisung für fehlerhaft halten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte im Frühjahr 2024 drei der vier Normenkontrollanträge abgelehnt. Dem Antrag eines Klägers hatte er stattgegeben und die Gebietsausweisung in einem Grundwasserkörper wegen einer fehlerhaft ausgewählten Messstelle für unwirksam erklärt.

„Dieses Verfahren wird maßgeblich für die Landwirte in ganz Deutschland sein“, sagt Heiner Müller, Landwirt aus Petershagen und Vorsitzender der Initiative Gerechte Messstellen. „Wir sind froh, dass es endlich so weit gekommen ist und wir angehört werden“.

Extra zu diesem Anlass startete die Initiative Gerechte Messstellen am Montag (20.10.2025) eine eigene Aktion zur Unterstützung und Aufklärung: Zahlreiche „ungerechte" Messstellen in ganz Deutschland - von Ostfriesland bis Bayern, die meisten in NRW - sind mit Informationszetteln versehen worden. Diese laminierten Info-Blätter enthalten QR-Codes, die auf Hintergründe zu den jeweiligen Standorten verweisen, etwa in Petershagen auf eine Messstelle in der Nähe einer Biogasanlage oder im Naturschutzgebiet, wo Vogelkot den Nitratwert beeinflussen kann.

Das Ziel des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) und der Initiative Gerechte Messstellen ist der „Gewässerschonende Betrieb“: „Jeder Landwirt soll nachweisen können, dass er den Grenzwert von 50 mg Nitrat je Liter im Sickerwasser nicht überschreitet. Wir wollen hier Verursachergerechtigkeit", erklärt Joachim Schmedt, Vorsitzender des WLV-Kreisverbandes Minden-Lübbecke. Landwirtschaftliche Betriebe, die Flächen in roten Gebieten nachweislich gewässerschonend bewirtschaften, müssen dringend von den einschneidenden Auflagen aus der Düngeverordnung befreit werden. „Eine konsequente einzelbetriebliche Betrachtung in den mit Nitrat belasteten Gebieten wird nach unserer Einschätzung vielen Betrieben helfen nach guter fachlicher Praxis zu arbeiten“, so Schmedt.

Denn: Messstellen seien nicht dazu geeignet, den konkreten Verursacher von Nitrateinträgen festzustellen. „Wir wissen, dass Messstellen häufig fehlerhaft sind. Denn Einträge gibt es unter anderem aus kommunalen Abwässern und über die Luft“, so Heiner Müller. „Wir fordern klar, dass nur solche Grundwassermessstellen für die Gebietsausweisung herangezogen werden, die eindeutig unter landwirtschaftlichen Einfluss stehen“. Bei mehreren Messstellen wie in Petershagen und darüber hinaus haben die Akteure daran große Zweifel.

Die Forderung lautet: Grundwasser-Messstellen, die nicht dem neuesten Qualitätsstandart entsprechen oder falsch verortet sind, sind zu entnehmen. Das Ausweisungsmessnetz bedarf dringend einer umfassenden Überarbeitung.

Leider wird die Landwirtschaft in vielen Teilen von Öffentlichkeit und Politik immer noch an Nitratmesswerten gemessen, obwohl zahlreiche externe Einträge außerhalb der Landwirtschaft, immer noch nicht berücksichtigt werden. Viele unserer Berufskollegen fühlen sich anhand der fehlerhaften Messwerte daher völlig zu Unrecht an den Pranger gestellt und sind zunehmend verzweifelt.

Fazit:

Der WLV und der Initiative Gerechte Messstellen fordern die konsequente Umsetzung des Konzepts „Gewässerschonende Betrieb“ zur Umsetzung einer verursachergerechten Düngepolitik. Zudem ist das für die Gebietsausweisung relevante Messstellennetz zu ertüchtigen. Messstellen mit nichtlandwirtschaftlichen Nitrateinträgen sind konsequent aus diesem Netz zu entfernen.