Eine Region wird Energiewirt
Mit dem "Siegerländer Modell" ist eine Genossenschaft in Gründung, die die Wertschöpfung aus regenrativen Energien für jedermann möglich macht. Den Anfang machen Windräder im Wald.
Siegerland. Eine breite Allianz bildet sich derzeit im Siegerland für eigenständige Erzeugung regenerativer Energie: Landwirtschafts- und Waldbauernverband, Siegener Versorgungsbetriebe, die Uni Siegen und weitere Akteure (siehe Anhang) haben ein Modell erarbeitet, wie Bürger selbst Anlagen für regenerative Energien bauen, finanzieren und von ihnen profitieren können. Vor allem Waldgenossenschaften haben in der neuen Genossenschaft die Möglichkeit nicht nur Flächen zu verpachten, sondern auch an Windenergieanlagen teilzuhaben und das zu einem überschaubaren Risiko. Offen sein soll das „Siegerländer Modell“ aber für alle Bürger.
Vorgestellt wurde dieser gemeinschaftliche Ansatz jetzt im Haus der Land- und Forstwirtschaft in Kreuztal-Ferndorf.
Henner Braach, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Siegen-Wittgenstein: „Wir haben intensiv nach einer Möglichkeit gesucht, ein Modell zu erarbeiten, mit dem auch die Waldgenossenschaften ohne zu großes persönliches Risiko zu Energiewirten werden können. Das ist uns jetzt, so denken wir, mit fachlicher Unterstützung unserer Tochtergesellschaft BBWind, verschiedenen regionalen Akteuren und dem Genossenschaftsmodell gelungen.“
Lothar Klein, Vorsitzender der Bezirksgruppe Siegen-Wittgenstein im Waldbauernverband NRW: „Das Interesse bei den Waldbesitzern ist enorm. Viele haben zwar ihre Flächen schon an Projektierer verpachtet, aber das wollen nicht alle. Wir hoffen jetzt auf einen starken Zusammenschluss, der mit dem Solidargedanken wirtschaftliche Erträge verteilt, Risiken mindert und bei möglichst großer Akzeptanz durch Bürgerbeteiligung vor allem auf Kalamitätsflächen wieder eine Wertschöpfung erzielen hilft.“
Günter Pulte, Entwickler und Betreiber diverser Windenergieanlagen und Standorte und geschäftsführend im Windpark „Rothaarwind“: „Die Gründung einer regionalen Bürgerenergiegenossenschaft befürworte ich sehr. Die Energieerzeugung verlagert sich im Zuge der Energiewende auf das Land. Wir müssen unbedingt dafür sorgen, dass die ländlichen Regionen auch etwas davon haben. Das funktioniert am besten mit Bürgerwindparks. Grundstückseigentümer sollten ihren Wind nicht für eine Pachtzahlung auswärtigen Investoren überlassen. Der Wind über dem Rothaargebirge gehört den Siegerländern, den Sauerländern und den Wittgensteinern."
Walter Schäfer, Universität Siegen, Fakultät III, Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Neue Medien: „Der Lehrstuhl WI und Neue Medien forscht intensiv zum Thema Nachhaltigkeit. Die zukünftige Bewirtschaftung der Waldflächen als neues Wirtschaftsmodell für Waldbesitzer mit Beteiligung der Bürger sehen wir als ein wichtiges Zukunftsmodell zur ökologisch und ökonomisch verträglichen Energieversorgung für die Menschen und die Wirtschaft in unserer Region. Das angestrebte Bürgermodell wollen wir sowohl technisch als auch wissenschaftlich begleiten.“
Thomas Mehrer, Geschäftsführer der Siegener Versorgungsbetriebe: „Unsere Region brauchte genau eine solche Initiative. Mit der Energie-Genossenschaft wird die Wertschöpfung bei den Erneuerbaren Energien in der Region gehalten und die Interessen aller Beteiligten gebündelt. Die vorhandenen Potenziale für die Umsetzung von Projekten in der Energie-Genossenschaft sind beträchtlich. Wir freuen uns, dass wir als etabliertes Versorgungsunternehmen der Region von Anfang an mit ins Boot genommen wurden. Da sich unsere Unternehmensstrategie auf die Umsetzung der Energiewende „vor Ort“ fokussiert, werden wir uns auch hier voll einbringen. Dazu gehört dann auch die Vermarktung der erzeugten Energie als regionales Stromprodukt.“
Georg Jung, Geschäftsführer des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes und des Waldbauernverbandes in Siegen-Wittgenstein
„Nachdem uns hier bekannte wurde, dass nicht wenige Waldgenossenschaften zögern, ihre Flächen an auswärtige Projektierer zu verpachten um nicht jahrhundertelang geübte Eigenständigkeit teilweise aufzugeben, aber auch die Übernahme von zu viel Verantwortung durch ehrenamtliche Vorstände kaum möglich erscheint, entstand gemeinsam mit der WLV-Tochter BBWind die Idee, im Siegerland nach einer gemeinschaftlichen Lösung für den Waldbesitz zu suchen. Die Bäuerliche Bürgerwind GmbH BBWind arbeitet nach dem Motto „Nicht verpachten, selber machen!“, und weil sich schon seit langem gezeigt hat, dass die gesellschaftliche Akzeptanz von Windrädern weitaus höher ist, wenn die Nachbarn an der Stromerzeugung mitverdienen, werden Bürger maßgeblich an der Wertschöpfung beteiligt.
Wir als Geschäftsstelle unterstützen dabei die Entwicklung des „Siegerländer Modells“ zur Zeit federführend und werden uns zu gegebener Zeit auch in der Genossenschaft einbringen, um unseren Mitgliedern auch wirtschaftliche Perspektiven in dieser durch große Umbrüche geprägten Zeit erschließen zu helfen.
Wir haben gemeinsam mit unseren Mitstreitern bereits eine große Zustimmung unter den Waldbesitzern erreicht und hoffen, dass unser Modell bald an den Start geht. Zur Seite steht uns mit dem Tochterunternehmen BSB-Steuerberatungs-GmbH bei uns im Haus ein weiteres wichtiges Beratungs- und Umsetzungsinstrument zur Verfügung.“