OWL-Jahrespressegespräch | 3. Dezember 2024

OWL-Jahrespressegespräch mit Bauernpräsident Beringmeier

Foto Bildunterschrift: Foto von links nach rechts: Antonius Tillmann, Vorsitzender Landwirtschaftlicher Bezirksverband OWL, Hubertus Beringmeier, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes, Ferdinand Freiherr von Spiegel und Andreas Westermeyer Stellvertretender Vorsitzender Landwirtschaftlicher Bezirksverband OWL gaben am Montag (2.12.2024) in einem Bezirksverbands-Pressegespräch einen Jahresrückblick und -ausblick.
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Rückblick und Ausblick der Landwirte:

Quo vadis Ampel! Und jetzt?

Landwirte wünschen sich eine neue Bundesregierung, die Zuversicht schafft, mutig ist, die die Herausforderungen unserer Zeit angeht

WL/WLV Das Jahr begann außergewöhnlich, ganz im Zeichen bundesweiter Proteste. Zunächst ging es um die Abschaffung der Agrardiesel-Rückerstattung und der KFZ-Steuer befreiten Fahrzeuge, dann um mehr.

Agrardiesel brachte das Fass zum Überlaufen

„Das Maß war einfach voll“, erklärt Hubertus Beringmeier, Präsident des Westfälisch Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) zur Situation und Ursache der Proteste. Er zieht mit seinen Berufskollegen in einem Jahres–Pressegespräch am Montag (2.12.2024) in Brakel-Rheder Bilanz, mit Bezirksverbandsvorsitzender Antonius Tillmann und seinem Stellvertreter Andreas Westermeyer. Den Bauernfamilien wurden in den vergangenen Jahren immer mehr Gesetze, Auflagen und Verordnungen aufgedrückt - vielfach fernab der Praxis und des Machbaren. Dies alles hat bei uns das Fass zum Überlaufen gebracht“, erklärt Beringmeier.

Agrarpaket der Ampel alles andere als Entlastung

Trotz aller Proteste seien im Laufe des Jahres weiter viele Belastungen draufgesattelt worden wie in den Bereichen Tier, Ackerbau, Steuern und Bürokratie. Zudem schaffte zum Beispiel das im Juli verabschiedete Agrarpaket der Ampel alles andere als Entlastung, stellt der Präsident nüchtern fest. Zwar bringe zum Beispiel die beschlossene Tarifglättung den Landwirten rund 50 Millionen Euro. Das würde aber nicht annähernd den Verlust von etwa 500 Millionen Euro durch den Agrardiesel-Wegfall kompensieren. Zudem vermisst der Präsident Angebote für Biokraftstoffe sowie Entlastungen für die Tierhaltung.

Landwirte protestierten auch gegen die überhandnehmende Bürokratie. Derzeit gibt es zwar zaghafte Überlegungen, für Bürokratiebau. „Hier wünscht sich der Berufsstand weit mutigere Schritte“, betont Beringmeier. Weitere Branchen haben sich dieser Forderung angeschlossen.

„Die Landwirtschaft ist allerdings wieder auf die politische Tagesordnung gerückt“, bewertet der Bauernpräsident positiv. „Wir wollen weiterhin im Gespräch bleiben.“

Blick auf die Felder

Das Landwirte-Jahr begann bereits im Herbst 2023 herausfordernd. Im Herbst und Winter, während der Getreideaussaat, regnete es häufig und ergiebig. So konnten viele Landwirte in OWL nicht wie geplant das Wintergetreide aussäen, sondern mussten dann im Frühjahr auf Sommergetreide umsteigen. Der späte Frost mit zum Teil lokalen Schneefällen im April setzte manchen Kulturen – wie dem Raps - zu.

Anders als erwartet, waren die Getreideerträge deutlich unter dem Durchschnitt der letzten Jahre. Die Kartoffelernte ist hingegen gut. Grünland und Mais haben sich über den Regen gefreut. Der Mais stand in diesem Jahr recht gut. Auf den Wiesen wuchs das Gras sehr gut und die Milchvieh- und Rinder-, Schaf-, Pferde- und Ziegenhalter konnten viel Futter bevorraten.

Wetterextreme haben sich allerdings verstärkt und eine Witterungsphase hält oft über Tage oder Wochen an. „Wir merken den Klimawandel“, so Beringmeier. Eine vielseitige und anpassungsfähige Landwirtschaft sei nach seiner Einschätzung das beste Instrument, dem Klimawandel zu begegnen.

Der Blick in den Stall

Der Rückgang landwirtschaftlicher Betriebe geht immer weiter voran. Besonders deutlich werden die Betriebsaufgaben in der Tierhaltung sichtbar. In der Schweinehaltung gab es beispielsweise in den vergangenen fünf Jahren einen massiven Rückgang von 35 Prozent. In den letzten 15 Jahren hat sich der Tierbestand in Deutschland halbiert. Grund dafür sind nicht zuletzt zahlreiche Gesetze und Verordnungen seitens der Politik, die in der Praxis schwer umsetzbar sind. Des Weiteren sei es eine allgemeine Verunsicherung der Landwirte, in welche Richtung es in Deutschland mit der Tierhaltung überhaupt weitergehen soll. Beringmeier: „Wir brauchen endlich Perspektiven und Planungssicherheit.“

 Quo vadis Ampel! Und jetzt?

 Was erwarten die Bauern von einer neuen Bundesregierung? „Im Grunde genommen das Gleiche wie andere Wirtschaftsbereiche auch“, erklärt Beringmeier. „Wir brauchen eine Politik in Berlin, die - aus einer Angst und Verzagtheitsgesellschaft - den Mitbürgern wieder Mut macht auf eine gute Zukunft“, unterstreicht der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Bezirksverbandes OWL Antonius Tillmann.

Die Zukunft gehöre den Mutigen, sie gehöre den Menschen, „die die Herausforderungen unserer Zeit angehen“, sind sich Beringmeier und Tillman einig. Dazu müsse der Staat deregulieren. Nur wenn es möglich ist, in der Landwirtschaft Geld zu verdienen, ist auch die Finanzkraft für Veränderung da. Die Pessimisten hätten zwar oft Recht, aber den Optimisten gehöre die Zukunft, so Tillmann. „Wir wünschen uns eine Bundesregierung die Zuversicht schafft“, so Beringmeier und Tillmann einstimmig.