15. November 2018

Lehrer erkunden den Weg vom Korn zum Brot Viele Herausforderungen für Bäckerhandwerk und Landwirtschaft

Höxter /wlv (Re) Wo wächst das Getreide? Wie wird es verarbeitet? Den Weg vom Korn zum Brot verfolgten in einer Lehrerfortbildung des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Höxter am Mittwoch (14. November) rund 30 Pädagogen. Einblicke erhielten die Lehrkräfte bei der Bäckerei „Goeken backen“ in Bad Driburg. Die Besichtigung der laufenden Produktion in der Bäckerei gehörte ebenso dazu wie der Anbau des Getreides auf dem Acker.

Der Landwirtevorsitzende Antonius Tillmann berichtet, dass in diesem Jahr aufgrund von Trockenheit und Hitze die Getreideernte kleiner ausfalle. „Unsere Region war aber längst nicht so betroffen wie Ost- und Norddeutschland“, erläutert der Vorsitzende. Darum sei im Kreis Höxter die Nachfrage nach Dürrebeihilfen verschwindend gering.

Benedikt Goeken, Geschäftsführer und Inhaber „Goeken backen“, stellt das Unternehmen und seine Entwicklung vor. Das Bäckerhandwerk habe in der Familie seit 120 Jahre Tradition. „Im Jahre 1898 in Buke (Kreis Paderborn) gegründet, gibt es heute über 50 Bäckereifachgeschäfte und Cafes im gesamten Hochstift“, so Goeken. „Als der Raum dort in Buke damals zu eng wurde, siedelte der Bäckereistandort nach Bad Driburg.“ 2012 sei dann mit der Backgalerie eine gläserne Produktion hinzu gekommen. Diese vermittelte Besuchern Einblicke auf die Arbeitsabläufe. So sahen die Pädagogen während der Führung die traditionelle Herstellung von Backwaren in der Backstube, Feinbäckerei sowie Konditorei.

„Wichtig ist uns, dass die Pflanzen gesund sind und bleiben“

Wo wächst das Getreide? Nach der Bäckereibesichtigung ging es auf den Acker. Georg Gievers, Fachberater der Landwirtschaftskammer in Höxter erläuterte die Arbeits- und Wirtschaftsweisen im Getreideanbau. „Hier wächst Winterweizen, der in diesem Herbst ausgesät wurde und nächsten Sommer geerntet wird“, sagt Gievers. Wie alle Wintergetreidearten benötige Winterweizen Minustemperaturen, da nur so sich im nächsten Jahr Ähren ausbilden könnten. Weizen nehme in Westfalen-Lippe, wie in ganz Deutschland, den größten Anteil der Getreidefläche ein und werde als Brotgetreide und Futtermittel verwendet. Gievers ging auf die Pflegemaßnahmen der Ackerkulturen ein. „Wichtig ist uns, dass die Pflanzen gesund sind und bleiben“, betont der Experte. „Wir behandeln sie nur, wenn es notwendig ist.“ Nicht gleich jeder Befall oder jede Krankheit werde bekämpft - sondern erst dann - wenn der zu erwartende Schaden die Maßnahme rechtfertige. Die Landwirte bezeichnen das als „Schadschwelle“. Also nur, wenn es nötig sei, und dann so wenig wie möglich. Schließlich verursache jede Behandlung auch hohe Kosten. Zwischenzeitlich werde zudem verstärkt versucht, auf eine biologische Bekämpfung eines Befalles auszuweichen. Die Düngung der landwirtschaftlichen Kulturen erfolge auf der Grundlage von Bedarfsberechnungen und Bodenproben. Pflanzen benötigten genauso wie andere Lebewesen Nährstoffe. Die Nährstoffe, die dem Boden mit dem Erntegut wie Getreide, Mais oder Kartoffeln entnommen würden, kehrten nicht von allein dorthin zurück. „Darum düngen wir mit organischen oder mineralischen Düngern, damit der Boden nicht verarmt und die Pflanzen gut wachsen“, so Gievers.

Landwirt Tillmann verdeutlicht, dass die Bauern in und mit der Natur leben und wirtschaften würden, sie seien fest mit ihrer Scholle verbunden. „Es ist unser ureigenes Interesse, eine nachhaltige Nutzungsfähigkeit, eine Vielfalt unserer Landschaften als Lebensraum für unsere Tier- und Pflanzenwelt zu erhalten und zu fördern“, ergänzt Tillmann. Letztendlich wollen wir doch alle hochwertige Nahrungsmittel aus nachhaltigem Anbau, eine flächendeckende standort- und umweltgerechte Landbewirtschaftung. „Wir Landwirte wissen um die Herausforderungen hinsichtlich Artenvielfalt und stellen uns dieser Verantwortung.“ Ein Baustein sei beispielsweise die Einstellung eines speziellen Beraters für Biodiversität bei der Landwirtschaftskammer NRW speziell für den Bereich Ostwestfalen-Lippe ab 1. Januar 2019, ergänzt Gievers.

Fachkräftemangel, Verdrängungswettbewerb, Digitalisierung

In der anschließenden Diskussion in der Bäckerei spricht Benedikt Goeken über die Chancen und Herausforderungen der Branche: Fachkräftemangel, höhere Mehrkosten wie Löhne oder Lkw-Maut, höhere Auflagen der Bäckereien, Verdrängungswettbewerb durch Discounter und SB-Backshops, Digitalisierung - Brot per App, bargeldloses Zahlen – seien zukünftige Themen. Nach Angaben des Zentralverbandes des Deutschen Bäckerhandwerks geht die Zahl der Bäckerreibetriebe seit Jahren zurück. 2017 gab es noch 11.347 Backstuben, 390 weniger als im Jahr zuvor. Im Jahr 2000 waren es noch nahezu doppelt so viele. Auf dem Lande habe es früher in jedem Dorf einen Bäcker, Metzger, Lebensmittelgeschäft und Pfarrer gegeben. „Wenn es keine Bäckerei mehr gibt, gibt es kein Brot und die Seele des Dorfes fehlt“, bringt es Tillmann auf den Punkt. Ein Lichtblick für die Branche: Es gibt wieder mehr Bäckerlehrlinge, 6.250 waren es 2017, ein Plus von 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Schwierig bleibe aber die Suche nach Fachpersonal. „Wir haben in unserem Betrieb beispielsweise Flüchtlinge eingestellt und machen sehr gute Erfahrungen mit ihnen“, betont Benedikt Goeken. „Im Verdrängungswettbewerb mit den SB-Backshops setzten wir auf Regionalität, Tradition, Handwerk und hochwertige Qualität.“

„Für uns war der Tag eine spannende Entdeckungsreise in die Welt des Getreides und Backwerkes“, erklärt Martina Ahlemeyer von der Katholische Grundschule Nieheim. „Wir haben heute viel über das Korn, seine Qualitätsanforderungen, seine Verarbeitung und die Herausforderungen in der Landwirtschaft und dem Bäckerhandwerk erfahren.“