So wenig kommt beim Bauern an
„Wir machen Ihr Oster-Frühstück, aber wir können davon nicht leben“, das ist die eindeutige Botschaft der Landwirte in der Region Ruhr-Lippe (Kreis Unna, Dortmund, Bochum, Hamm und Herne) in dieser Woche. Flächendeckend werden sie die Lebensmittelhändler vor Ort besuchen und auf die niedrigen Erzeugerpreise aufmerksam machen. Damit machen die heimischen Bauern und Bäuerinnen bei einer bundesweiten Aktion gegen Schleuderpreise für Lebensmittel mit, die schwerpunktmäßig am Mittwoch den 23. März 2016, stattfindet.
„Wir Bauernfamilien wollen Gespräche führen und dafür sensibilisieren, dass Niedrigstpreise für Lebensmittel eine nachhaltige Landwirtschaft und eine Lebensmittelerzeugung zu hohen Standards mit Rohstoffen „Made in Germany“ mittel- und langfristig gefährden“, sagt Hans-Heinrich Wortmann, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ruhr-Lippe. Aktuell, so sagt er, liefen die Preisverhandlungen der Molkereien mit Lebensmittelketten. „Vier Unternehmen (EDEKA, REWE, ALDI und die Schwarz-Gruppe, also Lidl und Kaufland) teilen sich inzwischen 85 Prozent des Marktes und damit übt der Lebensmitteleinzelhandel einen großen Preisdruck aus“, so Wortmann. Landwirte erhielten heute im Durschnitt nur noch 22 Prozent von dem, was Verbraucher an der Ladenkasse ausgäben, sagt er. Die Landwirte machen deshalb plakativ deutlich, welch geringer Anteil vom Frühstück noch beim Landwirt ankommt: Bei dem Käse auf dem Brötchen sind es fünf Cent, bei der Wurst nur drei Cent und vom Glas Milch erhält der Landwirt ebenfalls nur fünf Cent.
Die Situation der Bauernfamilien, auch in der Region Ruhr-Lippe, ist seit über einem Jahr äußerst angespannt. Die Erzeugerpreise für Milch und Fleisch sind drastisch gefallen. „Mit Erzeugerpreisen von 0,25 Euro für ein Liter Milch und 1,30 Euro für ein Kilogramm Schweinefleisch können wir nicht leben“, untermauert der Vorsitzende. Auch mit Blick auf das Jahr 2016 sei keinerlei Trendwende in Sicht. Die derzeitige wirtschaftliche Situation auf den Höfen ist besorgniserregend. Einkommens- und Liquiditätsprobleme haben dramatisch zugenommen. „Viele unserer Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand“, sagt Wortmann.
„Die Ausgaben für Nahrungsmittel betragen heute durchschnittlich nur noch gut zehn Prozent der gesamten Verbraucherausgaben und von diesem geringen Anteil kommt bei uns weniger als ein Viertel an“, macht der Landwirtevorsitzende die Situation deutlich.
Erfreulich sei, dass viele Menschen mit den Produkten der Landwirte sehr zufrieden seien. 77 % der Verbraucher gaben in einer Allensbach-Studie an, großes Vertrauen in deutsche Lebensmittel zu haben. „Aber ohne wirtschaftlichen Erfolg lässt sich das auf Dauer nicht durchhalten“, sagt Wortmann. Bauern erzeugen nicht nur heimische Lebensmittel, sie erhalten die Kulturlandschaft und produzieren erneuerbare Energie. Deshalb fordert der Vorsitzende: „Lebensmittel sind mehr wert! Wir brauchen bessere Preise für uns Bauern!“