Zukunftsaufgaben: Ernährung, Energie, Biodiversität
Grüner Kohlenstoff für wachsende Weltbevölkerung und Energiehunger
Ruhr-Lippe (wlv). Ganz im Zeichen des Neuen und der Zukunft stand der diesjährige Kreisverbandstag der Landwirtschaft am Dienstagabend in Schwerte. Thomas Döring bestritt als neuer Vorsitzender der heimischen Landwirtinnen und Landwirte knapp eine Woche nach seiner Wahl seinen ersten Kreisverbandstag und auch für die neue Geschäftsführerin Pia Bömer war die Mitgliederversammlung eine Premiere. Ebenfalls im Zeichen der Zukunft stand der Gastvortrag: „Vielfältig. Kreativ. Innovativ – Bauernfamilien gestalten Zukunft“, unter diesem Thema zog der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes und Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes Günther Felßner die Zuhörer im Freischütz in Schwerte in seinen Bann. Rund 350 Landwirtinnen, Landwirte und zahlreiche Ehrengäste aus den beiden Kreisverbänden Ruhr-Lippe (Bochum, Dortmund, Hamm, Herne, Kreis Unna) und Ennepe-Ruhr/Hagen waren zusammengekommen.
Thomas Döring machte in seiner Ansprache deutlich, dass die Zukunft der Landwirtschaft nur in der Allianz aller Landwirtinnen und Landwirte stattfinden kann. „Die Demonstrationen Anfang des Jahres haben deutlich unsere Solidarität innerhalb der Landwirtschaft gezeigt“, sagte er. Die völlig unverhältnismäßig starke Belastung der Landwirtschaft im Zuge der Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen habe zu einem Vertrauensverlust geführt und das Fass zum Überlaufen gebracht. „Durch unseren deutlich sichtbaren aber friedlichen Protest haben wir die Politik zum Zuhören bewegen können und die Sympathie der Bevölkerung erhalten,“ so der neue Vorsitzende.
Auch der Bauernpräsident und Fußballfan Günter Felßner machte deutlich: „Das ist in der Landwirtschaft wie im Fußball: Alleine bist du nichts!“ Besonders die letzten Wochen hätten gezeigt, wie wichtig und präsent das Miteinander der Bauern und Bäuerinnen gewesen sei. Die Landwirtschaft trage eine Verantwortung für ein zukünftiges nachhaltiges Leben der Gesellschaft, sagte er. Anhand von zwei Zahlenbeispielen machte er die Zukunftsaufgaben deutlich: „Aktuell leben acht Milliarden Menschen auf der Welt und die Menschheit verdoppelt sich in jeder Generation, aber nur vier Prozent der Weltoberfläche sind für die menschliche Ernährung nutzbar und diese werden durch Bebauung und Versiegelung jeden Tag weniger.“ Mehr Menschen müssten in Zukunft mit weniger Fläche auskommen, sagte er. Neben dem Bedarf an Nahrung gebe es auch einen zunehmenden Bedarf an Energie. „15 % der Menschen, die im Wohlstand ähnlich dem unseren leben, stoßen 80 Prozent der weltweiten Klimagase aus. Die andern 85 Prozent der Menschen wollen und sollen in Zukunft natürlich ebenfalls am Wohlstand teilhaben. Die Lösung kann aber nicht, dass diese dann die gleichen Klimagase ausstoßen wie wir, denn dann würde der Planet vor die Wand gefahren“, sage er. Das Problem sei der hohe Einsatz fossiler Energien. „Wir müssen die stoffliche Grundlage verändern“, so Felßner und erkärte: „Wir müssen weg vom schwarzen, fossilen Kohlenstoff hin zu einem grünen, biogenen Kohlenstoff.“ Die Photosynthese binde den Kohlenstoff in den Pflanzen, das müsse viel stärker genutzt werden. „Wir haben einen ewigen grünen Kohlenstoffkreislauf“, so der Bauernpräsident. Die weniger werdenden Flächen müssten daher in Zukunft viel effizienter genutzt werden. „Wir können Ernährung, wir können Energie, wir können Dekarbonisierung und wir können Biodiversität“, so Felßner und ergänzte: „aber wir können es nicht umsonst.“ Extensivieren sei das Denken des letzten Jahrhunderts, in der multifunktionalen Nutzung von Flächen liege die Zukunft.
Stellvertretend für Politik und Verwaltung sprach der Landrat des Kreises Unna Mario Löhr ein Grußwort, in dem er die gute Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft betonte.
Für den scheidenden Kreisverbandsvorsitzenden Hans-Heinrich Wortmann war es der letzte Kreisverbandstag in aktiver Funktion. Er bedankte sich in seinem Schlusswort bei allen Bauern und Bäuerinnen für die gute und konstruktive Zusammenarbeit der vergangen zwölf Jahre unter seinem Vorsitz. Zum Abschied gab es Standing Ovations.