Erntedank 2023 | 29. September 2023

Regen im Überfluss: Schlecht für Getreide und Kartoffeln, gut für Mais und Wiese

- Die Gerstenernte konnte bei noch trockenem Wetter stattfinden, danach setzte der Regen ein.
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Dankbarkeit trotz Regensommer, Zusammenhalt von Familie und Nachbarn konnte einiges retten

Ruhr-Lippe (wlv). „Dieses Jahr zeigt uns mal wieder, wie stark wir ein Teil der Natur sind,“ in diesem Bewusstsein blickt der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ruhr-Lippe (Bochum, Dortmund, Hamm, Herne, Kreis Unna) Hans-Heinrich Wortmann auf das Erntedankfest, das wir am kommenden Sonntag feiern. Ein verregneter Erntesommer wie dieser hätte in früheren Zeiten zu Hunger und Mangelernährung geführt, sagt Wortmann und führt weiter aus: „Zum Erntedankfest wird uns besonders bewusst, wie froh wir sein können, dass das heute nicht mehr der Fall ist.“

„Wir sind dankbar für die eingebrachte Ernte, aber den Erntesommer 2023 werden wir Landwirtinnen und Landwirte so schnell nicht vergessen“, sagt Wortmann. Vier Wochen Dauerregen während das reife Getreide auf dem Halm auf die Ernte warte, das habe er in dieser extremen Art und Weise selten erlebt. „Wir Bauernfamilien waren in dieser Zeit nervlich sehr angespannt“, so der Landwirt und führt weiter aus: „Aber durch die Zusammenarbeit der ganzen Familie, der Nachbarschaft und mit Lohnunternehmen haben wir die kurzen Schönwetterperioden optimal genutzt.“ Durch den starken Zusammenhalt habe man noch einiges retten können.

Die Gerste habe Anfang Juli noch bei schönem Wetter geerntet werden können, anschließend habe aber Dauerregen eingesetzt und keine Erntearbeiten zugelassen. Weizen, Triticale, Roggen und Hafer hätten aufgrund des Regens bis auf einige Ausnahmen nicht geerntet werden können rund vier Wochen reif auf den Feldern gestanden, sagt der Landwirte­vorsitzende Wortmann. Brotweizen und Brotroggen hätten witterungsbedingt in den meisten Fällen in der Region so stark reduzierte Backeigenschaften, dass daraus kein Brot gebacken werden könne, sondern es als Tierfutter diene oder – sollte auch das nicht mehr möglich sein - es energetisch in Biogasanlagen genutzt werde, zieht Wortmann das diesjährige Ernteresümee. „Unsere Tierhaltung rettet aktuell einen großen Teil der Ernte“, so der Landwirt. „Verbleibt das reife Korn wie in diesem Jahr zu lange bei feuchter Witterung auf dem Halm, keimt es dort und es setzen enzymatische Keimungsprozesse ein, was die Backeigenschaften reduziert“, erklärt Wortmann. Brot und andere Backwaren aus diesem Getreide würden nicht mehr locker und fluffig, sagt er. „Unseren Tieren, ob Rindern oder Schweinen, dient es nun als Futter und kommt so über den Umweg des Tiermagens als Milch oder Fleisch uns Menschen wieder zu Gute“, erklärt der Landwirt. Das Getreide, das jedoch aufgrund des Dauerregens so stark in Mitleidenschaft gezogen worden sei, dass es auch nicht mehr als Tierfutter zu verwerten sei, würde nun in Biogasanlagen genutzt und in Strom und Wärme umgewandelt. Ganz oben in der Rangfolge stehe die Verwertung für den Teller, also die menschliche Ernährung, dann für den Trog, also als Tierfutter und, sollte auch das nicht gehen, als letztens als nachwachsender Rohstoff für den Tank, erklärt Hans-Heinrich Wortmann die Verwertungsrangfolge.

Jede reduzierte Verwendung sei für die Landwirte mit Einbußen verbunden, aber zumindest sei so das Getreide noch im Sinne der Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz sinnvoll nutzbar. Leider habe es aber in der Region auch einige Felder gegeben, die gar nicht mehr geerntet werden konnten. „Das sind natürlich herbe Verluste,“ sagt Wortmann. Es täte jedem Landwirt und jeder Landwirtin in der Seele weh, wenn das Getreide, um das man sich seit der Aussaat im Herbst letzten Jahres gekümmert hätte, komplett verloren sei.

Der nasse Witterung habe aber auch seine positiven Seiten gehabt, sagt Wortmann. „Wiesen und Weiden sowie Mais sind gut gewachsen, daher haben wir ausreichend Futter für unsere Tiere“, so der Landwirt und erklärt: „Grünland braucht Feuchtigkeit und die hatten wir in diesem Frühjahr und Sommer". Die Landwirtsfamilien mit Rindern, Pferden und Schafen müssten sich in diesem Jahr im Vergleich zu den Dürrejahren keine Sorgen um das Futter machen.

Vorbei sei die Ernte mit dem Erntedankfest noch nicht, sagt Wortmann. „Aktuell werden noch Mais, Zuckerrüben, Kartoffeln und verschiedene Gemüsearten geentet.“ Mais habe sich aufgrund des ausreichenden Wassers gut entwickelt, für die Kartoffeln sei es hingegen größtenteils zu nass gewesen, pilzliche Erreger hätten ihnen zu schaffen gemacht. Die Zuckerrüben seien zwar gut gewachsen, allerdings ließe der Zuckergehalt zu wünschen übrig, da die Sommersonne gefehlt habe.