Mercosur | 9. Dezember 2024

Offener Brief an Abgeordnete des Europaparlaments

Landwirtevorsitzender Lehmenkühler appelliert an die Politiker, das Abkommen abzulehnen, solange der landwirtschaftliche Teil nicht nachverhandelt wurde.

Die EU-Kommission und die Mercosur-Staaten einigten sich am Freitag, dem 6. Dezember, auf ein großes Freihandelsabkommen. Das wird auch für die heimische Landwirtschaft nicht ohne Folgen bleiben. Der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Soest Josef Lehmenkühler richtet sich deshalb in einen offenen Brief an die heimischen Europaabgeordneten. Er bittet sie im Namen der Bäuerinnen und Bauern im Kreis Soest, dem Abkommen so im Parlament nicht zuzustimmen, bevor nicht der landwirtschaftliche Teil nachverhandelt worden ist, denn die vielfach vorgetragenen Einwendungen der Landwirtschaft wurden bisher noch nicht berücksichtigt.

 

Offener Brief an die heimischen Europaabgeordneten

Sehr geehrte Damen und Herren,

als Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Soest wende ich mich heute mit großer Sorge über das Freihandelsabkommens mit den Mercosur-Staaten, dem am vergangenen Freitag (6. Dezember) die EU-Kommission zugestimmt hat, an Sie.

Wir Landwirtinnen und Landwirte sagen „Ja“ zum Handel und stellen nicht infrage, dass internationale Handelsabkommen wichtig sind, um Wirtschaft und Beziehungen zu stärken, doch wir sagen „Nein“ zu einem unfairen Handel. Handel muss fair sein und das ist dieses Abkommen nicht.

Deshalb ist unser dringender Appell an Sie: Bitte stimmen Sie dem Mercosur- Freihandelsabkommen in seiner aktuellen Form aus folgenden Gründen nicht zu.

  1. Das Abkommen geht eindeutig zu Lasten der europäischen Landwirtschaft und schwächt unsere Betriebe massiv im Wettbewerb. Damit ist es das Gegenteil der von der EU-Kommission zugesagten Stärkung der europäischen Landwirtschaft. Europäische Bauern und Bäuerinnen werden in einem ungleichen Wettbewerb mit den Agrarprodukten aus den Mercosur-Staaten zurückgelassen, die oftmals unter Bedingungen erzeugt werden, die weit unter unseren hohen Umwelt-, Klima-, Tierwohl- und Lebensmittelstandards liegen. Die Aussicht auf niedrigere Nahrungsmittelpreise darf deshalb kein Argument sein.

  2. Das Mercosur-Abkommen ist für den Umweltschutz in den Mercosur-Staaten absolut kontraproduktiv. Höhere Importquoten für beispielswese Rindfleisch oder Zucker lassen befürchten, dass die Umweltzerstörung beispielsweise im Amazonas-Regenwald befeuert werden wird.

  3. Verbraucherinnen und Verbraucher würden, wenn das Abkommen so zum Tragen kommt, zukünftig Lebensmittel angeboten werden, die nicht zu unseren hohen Standards hergestellt worden sind. Die Mechanismen, die angeblich den Schutz europäischer Standards gewährleisten sollen, sind völlig unzureichend.

    Zudem darf die Ernährungsunabhängigkeit auf europäischer Ebene durch die Begünstigung von Importware nicht gefährdet werden, denn gerade in diesen fragilen Zeiten ist in eine stabile Versorgung mit heimischen Lebensmitteln die Grundlage für eine stabile Demokratie und stabile gesellschaftliche Verhältnisse.

Um es zusammenzufassen: Das Abkommen ist unglaubwürdig, klimaschädlich und setzt die Versorgung mit heimischen Lebensmitteln aufs Spiel. Das ist nicht nur unfair gegenüber unseren Bauernfamilien, sondern auch gegenüber den Konsumentinnen und Konsumenten. Der Fokus auf Exportinteressen einzelner Industriezweige untergräbt alles, wofür Europa steht: Umwelt-, Klima- und Tierschutz sowie faire Produktionsstandards. Verbrauchern in Europa droht eine Flut von Lebensmitteln, die nicht nach unseren Standards hergestellt wurden.

Wir bitten Sie daher eindringlich, sich dafür einzusetzen, dass der landwirtschaftliche Teil dieses Abkommens nachverhandelt wird. Ohne substanzielle Verbesserungen darf dieses Abkommen im Europäischen Parlament keine Zustimmung finden. Wir brauchen eine klare Haltung: Ein „Nein“ zu unfairem Handel und ein „Ja“ zur europäischen Landwirtschaft, dem Umwelt- und Klimaschutz sowie der Verbraucher- und Ernährungssicherheit.

Mit freundlichen Grüßen für die heimischen Bauernfamilien

Josef Lehmenkühler

Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Soest