Offener Brief an heimische EU-Abgeordnete

Döring und Kalthaus appellieren: Der landwirtschaftliche Teil des Abkommens muss nachverhandelt werden.
Die EU-Kommission und die Mercosur-Staaten einigten sich am Freitag, dem 6. Dezember, auf ein großes Freihandelsabkommen. Das wird auch für die heimische Landwirtschaft und auch für die Verbraucher nicht ohne Folgen bleiben. Die Vorsitzenden der Landwirtschaftlichen Kreisverbände Ruhr-Lippe (Bochum, Dortmund, Hamm, Herne, Kreis Unna) Thomas Döring und Ennepe-Ruhr/Hagen Dirk Kalthaus richten sich deshalb in einem offenen Brief an die heimischen Europaabgeordneten. Sie bitten sie dringend im Namen der Bäuerinnen und Bauern der Region, dem Abkommen im Parlament nicht zuzustimmen, bevor der landwirtschaftliche Teil nicht nachverhandelt worden ist, denn die vielfach vorgetragenen Einwendungen der Landwirtschaft wurden bisher noch nicht berücksichtigt.
Offener Brief an die heimischen Abgeordneten des Europaparlamentes
Sehr geehrte Abgeordnete des Europaparlamentes,
mit großer Sorge über das Freihandelsabkommens mit den Mercosur-Staaten, dem am vergangenen Freitag (6. Dezember) die EU-Kommission zugestimmt hat, wenden wir uns als Vorsitzende der Landwirtschaftlichen Kreisverbände Ennepe-Ruhr/Hagen und Ruhr-Lippe (Bochum, Dortmund, Hamm, Herne, Kreis Unna) heute an Sie. Wir setzen uns seit jeher für fairen Wettbewerb unter höchsten Standards ein und sind von den Beschlüssen der Kommission maßlos enttäuscht.
Wir Landwirtinnen und Landwirte sagen „Ja“ zum Handel und stellen nicht infrage, dass internationale Handelsabkommen wichtig sind, um Wirtschaft und Beziehungen zu stärken, doch wir sagen „Nein“ zu einem unfairen Handel. Handel muss fair sein und das ist dieses Abkommen nicht.
Deshalb ist unser dringender Appell an Sie: Bitte stimmen Sie dem Mercosur- Freihandelsabkommen in seiner aktuellen Form aus folgenden Gründen nicht zu.
Das Abkommen geht eindeutig zu Lasten der europäischen Landwirtschaft und schwächt unsere Betriebe massiv im Wettbewerb. Damit ist es das Gegenteil der von der EU-Kommission zugesagten Stärkung der europäischen Landwirtschaft. Europäische Bauern und Bäuerinnen werden in einem ungleichen Wettbewerb mit den Agrarprodukten aus den Mercosur-Staaten zurückgelassen, die oftmals unter Bedingungen erzeugt werden, die weit unter unseren hohen Umwelt-, Klima-, Tierwohl- und Lebensmittelstandards liegen. Die Aussicht auf niedrigere Nahrungsmittelpreise darf deshalb kein Argument sein.
Durch die Schwächung der europäischen Landwirtschaft wird die Ernährungssicherheit in Europa massiv gefährdet. Gerade in diesen fragilen Zeiten ist in eine stabile Versorgung mit Lebensmitteln die Grundlage für eine stabile Demokratie und stabile gesellschaftliche Verhältnisse.
Das Mercosur-Abkommen ist für den Umweltschutz in den Mercosur-Staaten absolut kontraproduktiv. Höhere Importquoten für beispielswese Rindfleisch oder Zucker lassen befürchten, dass die Umweltzerstörung beispielsweise im Amazonas-Regenwald befeuert werden wird.
Verbraucherinnen und Verbraucher würden, wenn das Abkommen so zum Tragen kommt, zukünftig Lebensmittel angeboten werden, die nicht zu unseren hohen Standards hergestellt worden sind. Die Mechanismen, die angeblich den Schutz europäischer Standards gewährleisten sollen, sind völlig unzureichend.
Um es zusammenzufassen: Das Abkommen ist unglaubwürdig, klimaschädlich und setzt die Versorgung mit heimischen Lebensmitteln aufs Spiel. Das ist nicht nur unfair gegenüber unseren Bauernfamilien, sondern auch gegenüber den Konsumentinnen und Konsumenten. Der Fokus auf Exportinteressen einzelner Industriezweige untergräbt alles, wofür Europa steht: Umwelt-, Klima- und Tierschutz sowie faire Produktionsstandards. Verbrauchern in Europa droht eine Flut von Lebensmitteln, die nicht nach unseren Standards hergestellt wurden.
Wir bitten Sie daher eindringlich, sich dafür einzusetzen, dass der landwirtschaftliche Teil dieses Abkommens nachverhandelt wird. Ohne substanzielle Verbesserungen darf dieses Abkommen im Europäischen Parlament keine Zustimmung finden. Wir brauchen eine klare Haltung: Ein „Nein“ zu unfairem Handel und ein „Ja“ zur europäischen Landwirtschaft, dem Umwelt- und Klimaschutz sowie der Verbraucher- und Ernährungssicherheit.
Mit freundlichen Grüßen für die heimischen Bauernfamilien
Thomas Döring Dirk Kalthaus
Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Vorsitzender des Landwirtschaftlichen
Kreisverbandes Ruhr-Lippe Kreisverbandes Ennepe-Ruhr/Hagen