Zukunftsweg: Multifunktionale Nutzung von Flächen

Zukunft der Landwirtschaft: Ernährung, Dekarbonisierung, Biodiversität - Wachsende Weltbevölkerung und Energiehunger erfordern Zeitenwende
Ennepe-Ruhr/Hagen (wlv). „Vielfältig. Kreativ. Innovativ – Bauernfamilien gestalten Zukunft“, unter diesem Thema zog der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes und Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes Günther Felßner die Zuhörer im Freischütz in Schwerte in seinen Bann. Rund 350 Landwirtinnen, Landwirte und zahlreiche Ehrengäste aus den beiden Kreisverbänden Ennepe-Ruhr/Hagen und Ruhr-Lippe (Bochum, Dortmund, Hamm, Herne, Kreis Unna) waren zusammengekommen.
Dirk Kalthaus, Vorsitzender der Landwirte des Ennepe-Ruhr-Kreises und Hagens, machte gleich zu Beginn deutlich, wie wichtig es für die Landwirtschaft sei, sich aktiv mit der Zukunft zu beschäftigen: „Die Landwirtschaft hat sich über viele Generationen verändert und weiterentwickelt. Sie hat sich immer wieder auf neue Herausforderungen und neue Rahmenbedingungen eingestellt.“ Neue Technologien würden konsequent auf den Betrieben eingesetzt und durch bauliche Innovationen stetig die Haltungsbedingungen der Tiere verbessert. „Das meiste dieser Veränderungen haben wir Landwirtinnen und Landwirte aus eigenem Antrieb gemacht, ohne dafür eine finanzielle Begleitung zu erhalten. Die Mehrkosten tragen somit zumeist die Bauerfamilien“, sagte er. Die Familien stellten sich diesen Aufgaben und versuchen auf ihren Höfen seit jeher Nachhaltigkeit zu leben.
So trage die Landwirtschaft auch eine Verantwortung für ein zukünftiges nachhaltiges Leben der Gesellschaft, sagte der Bauernpräsident Günter Felßner. Als Landwirt und Fußballfan sei ihm dabei die Gemeinschaft besonders wichtig: „Das ist in der Landwirtschaft wie im Fußball: Alleine bist du nichts!“, sagte er. Besonders die letzten Wochen hätten gezeigt, wie wichtig und präsent das Miteinander der Bauern und Bäuerinnen gewesen sei und wie sehr den Bauern an einer zukunftsfähigen Landwirtschaft gelegen sei. Anhand von zwei Zahlenbeispielen machte er die Zukunftsaufgaben deutlich: „Aktuell leben acht Milliarden Menschen auf der Welt und die Menschheit verdoppelt sich in jeder Generation, aber nur vier Prozent der Weltoberfläche sind für die menschliche Ernährung nutzbar und diese werden durch Bebauung und Versiegelung jeden Tag weniger.“ Mehr Menschen müssten in Zukunft mit weniger Fläche auskommen, sagte er. Neben dem Bedarf an Nahrung gebe es auch einen zunehmenden Bedarf an Energie. „15 % der Menschen, die im Wohlstand ähnlich dem unseren leben, stoßen 80 Prozent der weltweiten Klimagase aus. Die andern 85 Prozent der Menschen wollen und sollen in Zukunft natürlich ebenfalls am Wohlstand teilhaben. Die Lösung kann aber nicht, dass diese dann die gleichen Klimagase ausstoßen wie wir, denn dann würde der Planet vor die Wand gefahren“, sage er. Das Problem sei der hohe Einsatz fossiler Energien. „Wir müssen die stoffliche Grundlage verändern“, so Felßner und erklärte: „Wir müssen weg vom schwarzen, fossilen Kohlenstoff hin zu einem grünen, biogenen Kohlenstoff.“ Die Photosynthese binde den Kohlenstoff in den Pflanzen, das müsse viel stärker genutzt werden. „Wir haben einen ewigen grünen Kohlenstoffkreislauf“, so der Bauernpräsident. Die weniger werdenden Flächen müssten daher in Zukunft viel effizienter genutzt werden. „Wir können Ernährung, wir können Energie, wir können Dekarbonisierung und wir können Biodiversität“, so Felßner und ergänzte: „aber wir können es nicht umsonst.“ Extensivieren sei das Denken des letzten Jahrhunderts, in der multifunktionalen Nutzung von Flächen liege die Zukunft.
Für die neue Geschäftsführerin Pia Bömer war der Kreisverbandstag eine Premiere. Im letzten Jahr löste die studierte Landwirtin den langjährigen Geschäftsführer Heinz-Wilhelm Büscher ab, er sich in den Ruhestand verabschiedete. Sie machte auf das breite Aufgaben- und Beratungsangebot der Geschäftsstelle aufmerksam und appellierte an die Landwirtinnen und Landwirte, dieses zu nutzen.