27. Dezember 2022

2022: Auswirkungen des Krieges und wenig Regen

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Landwirte blicken auf das Jahr zurück

Ennepe-Ruhr-Kreis /Hagen (wlv). „2022 hat uns vor Augen geführt, wie wenig kalkulierbar vieles ist“, blickt der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ennepe-Ruhr/Hagen Dirk Kalthaus auf das nun endende Jahr zurück. Für die heimische Landwirtschaft habe es - wie für viele andere Wirtschaftsbereiche auch – große Unsicherheiten mit sich gebracht. Landwirtschaftlich sei 2022 besonders von zwei Faktoren geprägt gewesen, von den Auswirkungen des Krieges, der vieles zur Mangelware mit hochschnellenden Preisen hätte werden lassen und von der extrem trockenen Witterung im Sommer.

 

Freilandeier und Biomilch blieben liegen

„Blicken wir auf die Märkte, so stellen wir fest, dass mit der Verteuerung vieler Lebensbereiche die Menschen beim Einkauf von Nahrungsmitteln zunehmend auf den Preis schauen“, so Kalthaus. Höherpreisige Produkte hätten in 2022 einen deutlich geringeren Absatz gefunden, ob Fleisch mit höheren Tierwohlstandards, Bioprodukte oder besonders arbeitsintensive Erzeugnisse, sagt er. Hätte im letzten Jahr der Lebensmitteleinzelhandel noch werbewirksam sein Bekenntnis zum Tierwohl kundgetan, sei 2022 fast nur noch mit Sparpreisen geworben worden. Auch beim Einkauf sei der Griff selten zu den höherpreisigen Produkten gegangen. So bekämen die Landwirte beispielsweise für Biomilch derzeit nicht oder kaum mehr Geld und auch Freilandeier von Hühnermobilen hätten Absatzprobleme, sagt Dirk Kalthaus.

 „Der so extrem verstärkte Blick auf das Geld beim Nahrungsmittelkauf ist für uns Landwirte ein riesiges Problem“, sagt er. „Wenn wir beispielwese in den Umbau von Ställen investiert haben, sind wir gebunden, die Investition muss sich irgendwann tragen“, so Kalthaus. Absolut verständlich sei, wenn Menschen mit geringerem Einkommen derzeit auf jeden Cent schauen müssten, sagt er. „Wir appellieren aber an die, die finanziell etwas besser aufgestellt sind, nicht als erstes bei den Lebensmitteln zu sparen. Wenn wir auf Dauer heimische hochwertige Nahrungsmittel haben wollen, dann müssen wir auch gemeinsam durch die Durststrecken“, so Dirk Kalthaus.

Zukunft nicht kalkulierbar

„Derzeit können wir Bauernfamilien überhaupt nicht abschätzen, was sich zukünftig tragen wird“, sagt der Landwirtevorsitzende. „So scheuen sich derzeit viele unserer jungen Landwirtinnen und Landwirte - trotz guter Ausbildung und Liebe zum Beruf - vor großen Investitionen“, so Kalthaus.

 

Energiepreise trafen die Landwirtschaft auch indiret

Lebensmittel seien in 2022 teurer geworden, das habe seine Gründe, sagt Kalthaus. So habe die Verknappung und Verteuerung der Energie die Landwirtschaft nicht nur direkt, sondern auch auf Umwegen getroffen. Dünger sei im Frühjahr beispielsweise um ein Mehrfaches teurer als in der Vergangenheit gewesen. Hinzu seien Lieferengpässe und Wartezeiten in vielen Zulieferbereichen und im europäischen Vergleich hohe Löhne gekommen. „Alles zusammen führte zu Teuerungsraten bei Lebensmitteln,“ so Kalthaus. Wichtig sei jedoch, dass die Menschen stabil und verlässlich mit Lebensmitteln versorgt werden können. Global gesehen sei das nicht selbstverständlich. „Die Frage der Ernährungssicherheit ist in 2022 in der Bedeutung deutlich nach oben gerückt“, sagt er.

 

Wiesen und Weiden litten unter Trockenheit

Ausgewirkt habe sich die Sommertrockenheit besonders auf die Wiesen und Weiden, blickt Kalthaus zurück. Nach dem zweiten Grasschnitt sei kaum noch etwas nachgewachsen. Rinder, Pferde oder Schafe hätten auf den Weiden in der Regel zugefüttert werden müssen und die Erntemengen an Heu und Grassilage seien deutlich reduziert. Erfreulicherweise seien die Wiesen nach dem Regen im Herbst wieder grün geworden. So habe es außergewöhnlich spät, Ende Oktober, Anfang November vielfach noch eine - wenn auch nicht allzu große - Grasernte gegeben.

 

Getreide- und Rapsernte vielfach zufriedenstellend

Beim Getreide und beim Raps seien die Erträge trotz der Trockenheit in der Region vielfach noch gut gewesen - allerdings mit bodenbedingten Unterschieden. „Die Regenfälle des Frühjahrs haben auf den besseren Böden ausgereicht, damit die Pflanzen einen guten Ertrag ausbilden konnten. Auf Böden, die Wasser nicht lange speichern können, waren die Erträge geringer“, so Kalthaus.

 

Herbstfrüchte hatten Probleme

Zugesetzt habe die Sommerstrockenheit den Pflanzen, die - anders als das Getreide - im Sommer noch grün und im Wachstum gewesen seien, wie beispielsweise dem Mais. Innerhalb kurzer Zeit sei er mehr vertrocknet als abgereift.

Die aktuellen Regenfälle würden helfen, die Wasserspeicher wieder aufzufüllen, so der Landwirtevorsitzende. Auch wenn der Regen über Weihnachten nicht ganz so schön gewesen, wichtig sei er schon.