Heimische Bauern mit dem Wetter zufrieden, mit den Preisen nicht
Ennepe-Ruhr/Hagen (wlv).Das Jahr 2015 neigt sich dem Ende entgegen. Wie war es für die heimischen Bauern? Mit dem Vorsitzenden des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ennepe-Ruhr/Hagen Dirk Kalthaus blickten wir auf das landwirtschaftliche Jahr 2015 zurück:
DirkKalthaus, Sie sind Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ennepe-Ruhr/Hagen und damit ehrenamtlicher Sprecher der Landwirte im Ennepe-Ruhr-Kreis sowie der Stadt Hagen. Das Jahr 2015 geht dem Ende entgegen. Wie blicken die heimischen Bauern zurück?
Dirk Kalthaus: Gemischt mit einem mehr als besorgten Blick auf die Preise, speziell die Milchpreise! Während Natur, Wetter und Ernteergebnisse uns im Ennepe-Ruhr-Kreis und Hagen zufrieden und mit Dankbarkeit auf 2015 zurückblicken lassen, sind die Preise und damit die wirtschaftliche Situation auf den Höfen jedoch die reinste Katastrophe. So ist die Stimmung nicht gut, denn die wirtschaftlich angespannte Lage ist für viele existenzgefährdend.
Im politischen Bereich bereiten uns die geplanten Vorhaben massive Sorgen.
Fangen wir mit dem Positiven an, wie fiel denn die Ernte der verschiedenen Früchte im Jahr 2015 aus?
Dirk Kalthaus: Im Schnitt aller Fruchtarten sind wir in der Region Ennepe-Ruhr/Hagen zufrieden. Die Erträge beim Getreide waren in diesem Jahr sehr unterschiedlich und zeigten eine große regionale Spannbreite. Je nach Bodengüte haben die Pflanzen die Frühjahrstrockenheit unterschiedlich überstanden. Mit dem sommerlichen Erntewetter konnten wir zufrieden sein. Witterungsmäßig hat es schon schlechtere Jahre gegeben, so das vergangene Jahr, in dem uns besonders der regnerische August einen Strich durch die Rechnung machte. Die beständigen Zeitfenster waren auch für die in unserer Region wichtige Grasernte gut. Wir konnten qualitativ hochwerte Grassilage und gutes Heu für die Winterfütterung bergen. Bei Kartoffeln und Mais fielen die Erträge 2015 ebenfalls zufriedenstellend aus.
Trotz der Zufriedenheit mit der Natur und mit der Ernte des Jahres 2015 haben die Bauern im Ennepe-Ruhr-Kreis und Hagen zum Ende des Jahres Sorgenfalten auf der Stirn. Warum?
Dirk Kalthaus: Die Preise sind in nahezu allen Produktbereichen in den Keller gerutscht. Viele Bauern schreiben tiefrote Zahlen, denn die Erzeugerpreise für Milch und Fleisch sind katastrophal und auch das Getreide hat einen kräftigen Sturz erlebt. Die Milchkuhhaltung ist das Rückgrat der Landwirtschaft in unserer Region und so ist für uns besonders der Milchpreis, der in 2015 extrem abgerutscht, ist wichtig. Der wirtschaftliche Druck sitzt uns massiv im Nacken.
Was sind die Gründe für die Preisabstürze?
Dirk Kalthaus: Neben der abgeschwächten Konjunktur in Schwellenländern wie China hat vor allem das russische Importverbot zu der extrem angespannten Situation geführt. Wir Bauern zahlen einen hohen Preis für die politischen Eingriffe in den Markt. Eine Aufhebung des russischen Embargos für landwirtschaftliche Produkte würde eine deutliche Entlastung bringen.
Aber auch das Verhalten des Lebensmittelhandels ist nicht in Ordnung. In dieser angespannten Situation wird ein unfaires, unmoralisches Preisdumping betrieben. Wer Lebensmittel liebt, kann nicht gleichzeitig die Bauern mit Niedrigpreisen knebeln. Der Handel nutzt seine Macht massiv aus.
Woher kommt diese Macht des Handels?
Dirk Kalthaus: Es hat im Lebensmitteleinzelhandel eine enorme Konzentration stattgefunden. Es sind nur noch wenige im Geschäft und die diktieren die Preise. Einzelhandel und Ernährungsindustrie kaufen zu Niedrigpreisen ein, was zu Lasten der Wirtschaftlichkeit der Landwirtschaft geht. So hat sich auch die Diskrepanz zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreisen in diesem Jahr bei vielen Produkten vergrößert. Angesichts des dramatischen Preisverfalls bei Fleisch und Milch müssen aber auch Schlachtunternehmen und Molkereien massiv daran arbeiten, wie sie sich erfolgreicher dem Handel gegenüber positionieren können.
Auch das, was derzeit im politischen Bereich diskutiert werde, bereite den Bauern in der Region Sorgen, sagten Sie. Was sind das für Vorhaben?
Dirk Kalthaus: Es gibt einige geplante Gesetze und Änderungen wie das Landeswasser- und Landesnaturschutzgesetz NRW, die Nachhaltige Nutztierhaltung in NRW, die Düngeverordnung und das Artenschutzabkommen, die extreme Auflagen mit sich bringen. Wir Landwirte sind zu allen Gesprächen und auch zu Veränderungen bereit; es gibt aber in den Entwürfen zu diesen Gesetzen und Verordnungen Punkte, die haben mit bestem Willen nichts mehr mit Praktikabilität zu tun. Wer ständig erwähnt, dass die bäuerliche Landwirtschaft das politische Ziel sei, der muss darauf achten, dass Bauern nicht durch immer mehr Auflagen und strengere Vorschriften im Wettbewerb untergehen. Das ‚Aus‘ trifft zuerst die kleineren Höfe, von denen wir in unserer Region nicht wenige haben.
Wie blicken die heimischen Landwirte auf das Jahr 2016?
Dirk Kalthaus: Es wird nicht leicht, aber wir lassen uns nicht unterkriegen! Gegen die schlechten Preise kämpfen wir an und mit der Politik müssen wir intensivste Gespräche führen. Aber auch wir haben an der einen oder anderen Stelle Verbesserungspotenzial und werden immer wieder unsere Arbeit auf den Höfen reflektieren.
So schwer vieles werden wird, wir Landwirte blicken auch immer mit Freude in ein neues Jahr, denn wir haben einen richtig schönen Beruf. Ich persönlich wünsche mir, dass möglichst viele der Höfe, die es heute, zum Jahreswechsel in unserer Region gibt, am Ende des Jahres 2016 auch noch existieren und ich wünsche mir Rahmenbedingungen, die jungen Leuten, die Spaß an der Landwirtschaft haben, auch den Mut geben, Bauer zu werden.
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Petra Drees-Hagen
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