Lichterfahrten; Übermäßige Straßenbenutzung gemäß § 29 Absatz 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)
Bei Lichterfahrten handelt es sich Umzüge von mit Leuchtmitteln geschmückten landwirtschaftlichen Fahrzeugen, die durch Städte und Gemeinden fahren. Sie hatten ihren Ursprung während der Corona-Pandemie im Jahr 2020, und verfolgten den Zweck der Verbreitung vorweihnachtlicher Freude. Hieraus haben sich insbesondere im Jahr 2023 Versammlungen entwickelt, die das Ziel haben, auf die Situation der Landwirte aufmerksam zu machen. Während die Lichterfahrten zu Beginn eher spontan durchgeführt wurden und aufgrund der Lockdowns keine Verkehrsbeeinträchtigungen darstellten, handelt es sich mittlerweile um längerfristig geplante Veranstaltungen mit sehr unterschiedlicher Teilnehmerzahl. Daher können heute gegebenenfalls straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigungen und Erlaubnisse erforderlich werden. Dies ergibt sich zum einen aus der Art der Fahrzeuge sowie deren Ausrüstung mit nicht fahrzeugspezifischen lichttechnischen Einrichtungen und zum anderen aus der über den gewöhnlichen Gebrauch hinausgehenden Straßenbenutzung. Es handelt sich jedoch nicht um einheitliche Veranstaltungen, deren Zulässigkeit pauschal beurteilt werden kann, sondern vielmehr haben die zuständigen Stellen die Entscheidung bezüglich der Erteilung eventuell erforderlicher straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigungen und Erlaubnisse in jedem Einzelfall in eigenem Ermessen zu treffen.
1. Keine straßenverkehrsrechtliche Erlaubnispflicht bei Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (VersG NRW) Gemäß § 2 Absatz 3 VersG NRW ist eine Versammlung im Sinne des Gesetzes eine örtliche Zusammenkunft von mindestens drei Personen zur gemeinschaftlichen, überwiegend auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung. Keine Versammlung liegt jedoch vor, wenn die Veranstaltung im Schwerpunkt nur unterhaltenden Charakter hat.
§ 11 VersG NRW regelt, dass für eine öffentliche Versammlung unterfreiem Himmel grundsätzlich keine behördlichen Erlaubnisse erforderlich sind, die sich auf die Benutzung der öffentlichenVerkehrsflächen beziehen. Dies entspricht der Regelung derNummer IV. 2. e) der Verwaltungsvorschrift (VwV) zu § 29 Absatz 2Straßenverkehrs-Ordnung StVO (Randnummer 12), nach derVersammlungen und Aufzüge im Sinne des § 14 desVersammlungsgesetz des Bundes, nicht erlaubnispflichtig sind. Davon unberührt bleiben Beschränkungen nach § 13 VersG NRW, insbesondere im Hinblick auf die Verlegung von Aufzugsrouten oder Kundgebungsorten unter dem Aspekt der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs. Sollte eine Versammlung bevorstehen, wird auf die Anzeigepflicht nach § 10 VersG NRW hingewiesen.
Versammlungsbehörden sind gem. § 32 VersG NRW die Kreispolizeibehörden. Die Einordnung einer Lichterfahrt als Versammlung entbindet zudem nicht von der Beachtung fahrzeugbezogener Vorschriften (z. B. gültige HU).
2. Keine straßenverkehrsrechtliche Erlaubnispflicht bei kleineren, örtlichen Brauchtumsveranstaltungen Kleinere örtliche Brauchtumsveranstaltungen, die keine Versammlung darstellen, sind gemäß Nummer IV. 2. d) der VwV zu § 29 Absatz 2 StVO (Randnummer 11) nicht erlaubnispflichtig.
Hierbei liegt es im pflichtgemäßen Ermessen der jeweils zuständigen örtlichen Straßenverkehrsbehörde, das kumulative Vorliegen der folgenden Merkmale in Bezug auf die örtlichen Gegebenheiten zu überprüfen:
a) Es handelt sich um eine kleinere Veranstaltung.
b) Es handelt sich um eine örtliche Veranstaltung.
c) Es handelt sich um eine Brauchtumsveranstaltung.
Sofern es sich um eine kleinere örtliche Brauchtumsveranstaltung handelt, haben die örtlich zuständigen Behörden im eigenen Ermessen und in Abstimmung mit dem Veranstalter eine sichere Durchführung der Veranstaltung zu gewährleisten. Durch die >Zweite Verordnung über Ausnahmen von straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften< vom 28. Februar 1989 (2. StVR-AusnahmeVO) sind für die Zwecke der örtlichen Brauchtumsveranstaltungen sowie für die zugehörige An- und Abfahrt unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen von der StVZO, StVO und der Fahrerlaubnis-Verordnung geregelt. Gleichzeitig regelt ein zwischen Bund und allen Ländern abgestimmtes >Merkblatt über die Ausrüstung und den Betrieb von Fahrzeugen und Fahrzeugkombinationen für den Einsatz bei Brauchtumsveranstaltungen< (VkBl. 2000, Nr. 114, S. 406) weitere Details.
Alternativ zu diesen Regelungen kann bei Lichterfahrten, die die Voraussetzungen einer kleineren örtlichen Brauchtumsveranstaltung erfüllen, auch das unter Nummer 3 aufgeführte Verfahren angewandt werden.
3. Erlaubnispflichtige Veranstaltungen gem. § 29 Absatz 2 StVO Sofern es sich nicht um eine Versammlung nach Nummer 1 und nicht um eine kleinere örtliche Brauchtumsveranstaltung nach Nummer 2 dieses Erlasses handelt, stellt die geplante Lichterfahrt eine Veranstaltung dar, die der Erlaubnis gemäß § 29 Absatz 2 StVO bedarf. Die Regelungen der VwV zu § 29 Absatz 2 StVO sind anzuwenden.
Aufgrund der Ausstattung mit zusätzlichen lichttechnischen Einrichtungen ist für die Fahrzeuge grundsätzlich eine Ausnahmegenehmigung gem. § 70 StVZO erforderlich. Auf diese Ausnahmegenehmigung kann unter den folgenden Voraussetzungen verzichtet werden.
- Die teilnehmenden Fahrzeuge sind land- oder forstwirtschaftiche Zugmaschinen, Arbeitsgeräte oder Arbeitsmaschinen. Fahrzeuge mit einer Breite von mehr als 2,55 m sind nur dann zulässig, wenn die Infrastruktur sicher befahren werden kann. Fahrzeuge mit einer Breite von 3,00 m sind für die Durchführung von Fahrten in urbanen Bereichen ungeeignet.
Die Länge und Breite der Fahrzeuge darf durch den Anbau der lichttechnischen Einrichtungen nicht wesentlich verändert
werden.
- Die zusätzlichen Beleuchtungseinrichtungen verfügen über eine schwache Abstrahlwirkung in Art einer Weihnachtsbeleuchtung. Arbeitsscheinwerfer oder andere gerichtete Leuchten dürfen nur das unmittelbare Umfeld des Fahrzeugs beleuchten; die Blendung anderer Verkehrsteilnehmer oder anderer Veranstaltungsteilnehmer ist auszuschließen Die vorgeschriebenen lichttechnischen Einrichtungen sowie das amtliche Kennzeichen dürfen dabei nicht verdeckt werden.
- Das Verwenden von Warnleuchten für gelbes Blinklicht 3 Rundumlicht 3 ist zulässig. Der Anbau und die Verwendung von Leuchten, die Warnleuchten für blaues Blinklicht entsprechen oder diese imitieren, sind unzulässig.
- Die zusätzlichen, lichttechnischen Einrichtungen dürfen nur im Rahmen der Veranstaltung eingeschaltet werden.
- Alle Anbauten und Ausrüstungsgegenstände müssen gegen Verlieren und Herabfallen gesichert sein. Die in diesem Erlass getroffenen Regelungen gelten nur für den Zeitraum der Durchführung der Lichterfahrt. Eine Personenbeförderung ist auch während des Umzugs nur auf den hierfür eigens vorgesehenen Sitzplätzen zulässig. Für die Ab- und Zufahrt gelten die Regelungen des allgemeinen Straßenverkehrsrechts; Anbauten müssen entfernt oder ausgeschaltet sein.
Geltungsbereich
Der Erlass gilt nur für den Bereich des Landes Nordrhein-Westfalen.