BHV1-Geschehen im Nordkreis Borken weitet sich aus

Bislang sieben betroffene Betriebe. 1075 seuchenbedingte Schlachtungen angeordnet. Ermittlungen gehen weiter.
Rindviehhalter vor allem im nördlichen Kreis Borken sind in großer Sorge: In Heek und Gronau wird seit einigen Wochen auf einer wachsenden Zahl von Höfen BHV1 (Bovines Herpes Virus) festgestellt. Nach heutigem Stand beziffert der Kreis Borken die Zahl der Rindviehbestände mit Nachweisen von Rinderherpes auf sieben, drei davon sind Milchvieh- und vier sind Mastbetriebe. Nach Angaben der ermittelnden Kreisveterinärbehörde lag in den betroffenen Beständen die Zahl der infizierten Tiere demnach bei knapp 1000. Auf die Frage, wie die Eintragswege in die Betriebe waren, hätten die epidemiologischen Ermittlungen laut Veterinärbehörde bislang keine konkreten Hinweise ergeben.
Der WLV steht hierzu auf allen Ebenen und extern unter anderem mit der Kreisveterinärbehörde, dem Ministerium und der Tierseuchenkasse im engen Austausch. Auch die betroffenen Mitgliedsbetriebe (nicht alle Betroffenen sind WLV-Mitglied) begleitet der Kreisverband in den sich jetzt ergebenden Fragen eng, betont der Vorsitzende des Milchausschusses, Gerold Böggering (Bocholt): „Neben der wirtschaftlich und psychisch sehr belastenden einzelbetrieblichen Situation haben wir dabei auch die Auswirkungen auf alle Betriebe im Blick, unter anderem hinsichtlich Seuchenpräventions- und Handelsfragen. Mit Kreisverwaltung und Landwirtschaftskammer sind wir uns jedenfalls darin einig, die Rindviehhalter in den betroffenen Regionen von uns aus zeitnah und aktiv weiter zu informieren.“ Die Gesamtthematik wird auch Thema der Kreisvorstandssitzung am 12. Juni sein.
Weitere Beprobungen laufen im Nordkreis aktuell noch. Infizierte Tiere müssen geschlachtet werden. Bei massiv betroffenen Betrieben sei eine Tötungsanordnung des kompletten Bestandes laut Veterinärbehörde unumgänglich. Dem Kreis zufolge mussten bisher etwa 1075 Tiere getötet werden, wobei die überwiegende Zahl der Tiere (1044) zur Schlachtung ging.
Das Seuchenregime hat für Betriebe und Tiere dramatische Auswirkungen: Grundsätzlich sind demnach alle positiv auf BHV-1-Antikörper oder den Erreger getesteten Tiere unverzüglich aus dem Bestand zu entfernen. Dies können einzelne Tiere sein, wie der Kreis Borken mitteilt, aber sofern der Durchseuchungsgrad auch unter Berücksichtigung der Verteilung der Tiere in den jeweiligen Betriebseinheiten ein Aufhalten der Infektion im Betrieb nicht mehr möglich mache, erfolge in Abstimmung mit dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) sowie dem Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW (MLV) die Entscheidung zur Teil- oder Gesamtbestandsräumung. Tiere, die nicht geschlachtet werden können, müssen durch einen Tierarzt euthanasiert werden.
Eine Impfung gegen die BHV-1-Infektion ist in Deutschland derzeit verboten. Ein Thema, das auch berufsstandintern immer wieder kontrovers diskutiert wird. Hintergrund ist, dass Deutschland seit 2017 als BHV1-frei anerkannt ist und seither Millionen investiert hat, um diesen Status aufrechtzuerhalten. Eine Impfung (sowohl vorsorglich als auch im Falle eines Ausbruchs) würde den Verlust des sogenannten Artikel-10-Status laut der zugrundeliegenden Handelsrichtlinie bedeuten. Der bisherige Konsens auf Bundesebene dazu war, dass Deutschland im Unterschied etwa zu den Niederlanden diesen Status weiterhin sicherstellen möchte, um wirtschaftliche Verluste zu vermeiden und um den internationalen Viehhandel sicherzustellen. Länder ohne Artikel-10-Status dürfen nur mit besonderen Schutzmaßnahmen Tiere grenzüberschreitend handeln. Für den Menschen sind die BHV1-Viren ungefährlich.