AgrarForum Westmünsterland | 31. Oktober 2025

Das Beste aus zwei Welten nutzen!

Die Bühnenprotagonisten des diesjährigen AgrarForums zusammen mit Vertretern der Veranstaltergemeinschaft (v.l.): Kreislandwirt Heinrich Emming (Landwirtschaftskammer NRW), Agrarsprecher André Schaffeld (Volksbankengruppe im Kreis Borken), die Referenten Bastian van der Veen, Dr. Johannes Reef und Frederik Wanink, Stv. Kreisverbandsvorsitzende Bettina Hueske (WLV) und Moderator Philipp Nagel. Foto: Stephan Wolfert, WLV

Vortragsveranstaltung in Vreden stand im Zeichen deutsch-niederländischer Mentalitätsunterschiede

Auf genauso humorvolle wie informative Weise bekamen die 120 Besucher des diesjährigen AgrarForum Westmünsterland am Mittwochabend vor Augen geführt, wie unterschiedlich die Herangehensweisen in der (Land) im Vergleich zwischen Niederländern und Deutschen ist. Die Veranstaltergemeinschaft aus Westfälisch-Lippischem Landwirtschaftsverband, Landwirtschaftskammer NRW und den Volksbanken im Kreis Borken hatte – passenderweise nur 4 km von der Grenze entfernt – nach Vreden in die Gaststätte „Zum Dornbusch“ eingeladen. Mit Hauptreferent Dr. Johannes Reef trug ein ausgewiesener Experte für deutsch-niederländische Zusammenarbeit vor.

Sozialwissenschaftler Reef hat vor 26 Jahren zusammen mit seinem niederländischen Kompagnon, Frederik Wanink, die Firma DNL-contact gegründet. Die Steinfurter Consulting-Agentur begleitet millionenschwere internationale Kooperationsprojekte – im Schwerpunkt in der deutsch-niederländischen Grenzregion mit Akteuren beiderseits der Grenze. Dabei beobachtet Reef als Brückenbauer immer wieder deutlich unterschiedliche Herangehensweisen. Hier einige Beispiele:

Mentalitätsunterschiede: Niederländische vs. deutsche Unternehmer
  • Im Erstkontakt: Du vs. Sie

  • Projektstart: „Lass uns schon mal anfangen!“ vs. „Lass uns einen Plan machen (und direkt auch einen Plan B)!“

  • Kommunikation: „Lieber zu dick als zu dünn auftragen!“ vs. „Understatement üben!“

  • Arbeitsweise: „Die Kunst liegt in der Improvisation!“ vs. „Nur millimetergenau ist passend!“

  • Preisfindung: „3 halen, 2 betalen“ vs. „Ein gutes Produkt hat seinen Preis!“

  • Führungsstrukturen: Flache Hierarchien mit Einbindung der ganzen Gruppe vs. Top-down

Gerade letzteres habe Auswirkungen auf Entscheidungsprozesse. In den Niederlanden laufe das häufig so, dass es „Overleg“ brauche, so Reef: „Kaum 1:1 ins Deutsche zu übersetzen meint der Begriff so viel wie den Prozess des gemeinsamen Überlegens. Jeder von Ihnen, der öfter mit Holländern zu tun hat, hat das wohl schon mal erlebt: Du rufst an, willst Wim oder Jan sprechen und bekommst dann die Info: Die sind im Overleg. Das kann dauern.“ Dieses „Overleg“ sei typisch für die niederländische Konsensfindung in der Gruppe, während in Deutschland viel häufiger der Chef ohne lange Konsultation des Teams entscheide: „Das bedeutet nicht, dass die Entscheidungen in deutschen und niederländischen Teams immer unterschiedlich ausfallen, aber der Weg zum Ziel ist anders.“

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Genauso unterhaltsam wie informativ erläuterte Dr. Johannes Reef den 120 Besuchern des AgrarForums die Chancen, die grenzüberschreitendes Denken und Arbeiten bietet: Foto: Stephan Wolfert, WLV
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Die Blechblasgruppe 8ung Blech aus Ahaus-Alstätte wertete den Abend musikalisch auf.

Nach erfrischendem Zwischenspiel der Ahauser Blechblas-Gruppe „8ung Blech!“ erfuhren die Zuschauer in der von Volksbank-Unternehmenssprecher Philipp Nagel launig moderierten Talkrunde, was das in der Praxis bedeutet. Hier berichteten der niederländische Landwirt Bastian van der Veen und Agraringenieur Frederik Wanink von ihren Erfahrungen mit deutsch-niederländischen Unternehmungen, zum einen am Beispiel des AGIT-Projekts, in dem es um die Entwicklung und Erprobung von Innovationen im Landmaschinensektor geht. In einem anderen Vorhaben (Titel: „Agro & Fibres“) werden Gülle und Gärresten zu biologisch-abbaubaren Mulchfolien veredelt. Wie er Unternehmer diesseits und jenseits der Grenze wahrnehme, beschrieb Wanink so: „Die Holländer sehen als traditionelle Händler und Seefahrer immer „The big picture!“ Den Deutschen als Maschinenbauer-Nation geht es zunächst darum, möglichst exakt zu arbeiten.“

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In der von Philippp Nagel (r.) moderierten Talkrunde berichteten der niederländische Landwirt Bastian van der Veen (2.v.r.) und Agraringenieur Frederik Wanink (3.v.r.) von ihren Erfahrungen mit deutsch-niederländischen Unternehmungen.

Als Berater sehe er viele Vorteile im Blick über den Tellerrand, betonte Reef in der Schlussrunde: „Wir nutzen das Beste aus zwei Welten: die Flexibilität der Niederländer und die Präzision der Deutschen. Zusammen sind wir unschlagbar.“ Wanink unterstrich dies: „Allen Unkenrufen zum Trotz: Wir sind im Vergleich aller europäischen Grenzregionen in Deutschland und den Niederlanden am besten, wenn es um binationale Zusammenarbeit geht.“

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AgrarForum Westmünsterland in Vreden mit Dr. Johannes Reef