Bäuerliche Solidarität zieht Kreise
Weithin sichtbare Zeichen für den Frieden setzen in diesen Tagen Bauernfamilien im gesamten Kreis Borken. Auf mittlerweile mindestens 20 Feldern im Westmünsterland haben Landwirtinnen und Landwirte riesige Peace-Zeichen in Ackerflächen gegrubbert, die derzeit vor der Frühjahrsbestellung noch mit Zwischenfrüchten bedeckt sind.
Initiator der Aktion ist Thomas Föing aus Borken-Grütlohn: „Wir Landwirte sind jetzt weniger die Menschen, die in Großstädten auf Friedensdemos gehen. Aber uns beschäftigt die Lage in der Ukraine sehr und über diese Aktion wollen wir unsere Verbundenheit zum Ausdruck bringen." Der ausschließlich über soziale Medien mit den Hashtags #peacefarming und #grubbernfürdenfrieden verbreitete Aufruf hat ein großes Echo nach sich gezogen. Unter anderem die zahlreichen Medienanfragen und persönlichen Rückmeldungen bei ihm in den letzten Tagen zeigen dem WLV-Kreisvorstandsmitglied, dass dieses Signal viele Menschen berührt hat. Für die kommende Ackerbausaison gebe es schon Ideen für weitere sichtbare Friedenszeichen.
Auch in anderen Hinsichten sei die Solidarität im Berufsstand groß, weiß Markus Weiß als Kreisvorsitzender des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) zu berichten und lobt das Engagement: „Viele spenden selber oder organisieren unkompliziert Sammlungen für die Flüchtlingshilfe." Im größeren Stil hat Landwirt und Bioladen-Betreiber Franz-Josef Lesker aus Stadtlohn mehrere Hilfstransporte organisiert. Aber auch im Kleinen engagieren sich Berufskollegen. Zum Beispiel bietet die Familie Diekmann-Boes in ihrem Hofladen gelb-blaue Friedenseier an. Stefan Diekmann zur Idee: „Wir haben seit kurzem eine Graviermaschine und konnten damit Peacezeichen auf die gefärbten Eier lasern." Der Nebenerwerbslandwirt aus Borken-Burlo will die Aktion bis Ostern laufen lassen und den kompletten Erlös dann einer Spendenorganisation übergeben. In Asbeck hilft der Landwirtschaftliche Ortsverband heute dem Partnerschaftsverein mit Menpower und schwerem Gerät beim Packen der Hilfslieferung für die polnische Partnergemeinde Reszel. Auch der Kreisverband unterstützt, wo immer er kann, berichtet Weiß: „Wir nutzen unsere Kontakte, bringen Hilfesuchende und engagierte Helfer zusammen oder weisen auf Aktionen hin."
Angesichts des Leids der Menschen, die ihre Heimat plötzlich verlassen müssen, hat der WLV auf Landesverbandsebene vor einer Woche einen Aufruf an seine Mitglieder gestartet, freien Wohnraum auf den Höfen zu melden. Allein aus dem Kreis Borken haben sich hierüber 20 Bauernfamilien bereit erklärt. Viele weitere haben freie Betten direkt an die Kommunen gemeldet, so wie Rainer Overkämping. Beim Gemüsebauern aus Rhede kommt an diesem Wochenende die erste vierköpfige Flüchtlingsfamilie an: „Wir können die Flüchtlinge derzeit unkompliziert aufnehmen, weil unsere Saisonarbeitskräfte aktuell noch nicht bei uns sind. Die Flüchtlinge wohnen jetzt erst mal bei uns auf dem Hof und alles weitere wird sich zeigen." Ähnliches hört Markus Weiß von vielen Berufskollegen: „Viele wollen unkompliziert helfen und damit auch ein Stück weit aus dem Gefühl der eigenen Hilflosigkeit herauskommen im Angesicht eines Angriffskrieges in Europa."
Zum Thema „Versorgungssicherheit in Kriegszeiten"
Nachdenklich macht den WLV-Kreisverbandsvorsitzenden, Markus Weiß, angesichts der Krisensituation auch das Thema Versorgungssicherheit. Die Ukraine und Russland gehören international zu den wichtigsten Exportländern für Getreide und Ölsaaten. Durch die zu erwartenden Engpässe bei der Rohstoff- und Energieversorgung werde Mineraldünger aktuell noch knapper als ohnehin schon: „Angesichts dieser Situation müssen wir mit unseren Agrarpolitikern noch einmal darüber sprechen, ob die EU in Kriegszeiten noch die ab 2023 geplanten Stilllegungen von vier Prozent der Ackerflächen weiter verantworten kann. Als Bauer kann ich angesichts von Hungersnöten in der Welt schwer damit leben, fruchtbaren Acker liegen zu lassen." Dies will der Landwirt aus Borken nicht als Abkehr von seiner Verantwortung für Biodiversität und Wasserschutz verstanden wissen: „Aus unserer Sicht als Verband müssen wir weiterhin ideologiefrei an Lösungen arbeiten, wie wir bestmögliche Produktivität und umweltbewusste, nachhaltige Landnutzung in Einklang bringen."
Zum Thema: Wohnraum für Flüchtlinge
Bauernfamilien, die bereit sind, auf Ihren Höfen zeitweise Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen, können dies weiterhin unkompliziert anmelden unter: www.wlv.de/ukraine-hilfe
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Stephan Wolfert
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