Lernort Bauernhof | 26. Mai 2023

Wo das Unaufgeräumte Methode hat

Bewusst stehen gelassene Wildkräuter: Ein Teilnehmer der Lehrerfortbildung auf dem Hof Nienhaus fotografiert Disteln und Brennnesseln: Superfood für Schmetterlinge, Bienen und Co. Foto: Stephan Wolfert, WLV
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Lehrerfortbildung zum Thema „Landwirtschaft und Biodiversität“ auf dem Hof Nienhaus in Rhede

Hier steht alles voller Brennnesseln, Disteln und anderen Wildkräutern. Viele werden es spontan für eine ungepflegte Ecke halten, die da am Rande des Hofes der Familie Nienhaus in Krechting zu finden ist. Dieses scheinbar Unaufgeräumte hat hier allerdings Methode. Denn für viele Insekten und Vögel sind Ecken wie diese das reinste Superfood-Buffet. Unterstützt durch verschiedene Beratungen und Fortbildungen und vor allem mit ganz viel Herzblut hat sich Landwirtin Brigitte Nienhaus neben Ackerbau und der Erzeugung Erneuerbarer Energien einen weiteren Betriebszweig aufgebaut: Die „Produktion“ von Schmetterlingen, Bienen und Co. Amtlich korrekt nennt sich das: „Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität“.

Wie sich eine auf Effizienz und Ertrag abzielende Landbewirtschaftung mit Vielfalt und Artenschutz vereinbaren lassen, können die 20 Teilnehmenden einer Lehrerfortbildung gestern vor Ort erfahren. Der Kreisverband Borken im Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband (WLV) sowie die Bildungs- und Vernetzungsstelle „Stadt und Land in NRW“ hatten Lehrkräfte aller Schulformen zu der Veranstaltung eingeladen.

Landwirtschaftlicher Betrieb setzt verschiedenste Naturschutzmaßnahmen um

Neben einem intensiven Ackerbau haben verschiedenste Naturschutzmaßnahmen auf dem Betrieb ihren Raum, an mehreren Stellen umgesetzt mit staatlicher Förderung, teilweise aber auch ohne (sprich: ohne wirtschaftlichen Ausgleich). Im Rahmen einer Hofbesichtigung und Gesprächsrunde bekommen die Gäste Einblicke in Zusammenhänge bäuerlichen Denkens und Wirtschaftens. Hierzu gehören immer wieder auch Spannungsfelder zwischen Wirtschaftlichkeit, Fördervorgaben, Dokumentationspflichten auf der einen Seite, aber auch einer riesigen Freude am Umgang mit und in der Natur, wie die beiden Vorsitzenden der landwirtschaftlichen Ortsverbände, Wilhelm Teklote (Rhede) und Michael Garbert (Vardingholt), beim Acker-Rundgang berichten.

„Menschen, vor allem Kinder, in Kontakt mit Landwirtschaft und Natur zu bringen, das liegt mir sehr am Herzen“, beschreibt Brigitte Nienhaus ihre Motivation: „Dabei erlebe ich immer wieder eine große Neugier, Freude und Aha-Momente.“ Die zweifache Mutter berichtet von ihrem Blühacker-Projekt mit der örtlichen Pius-Grundschule in 2020 oder von der sich 2021 anschließenden Rhede-bunt-Initiative der hiesigen Bauernfamilien mit örtlichen Schulen und Kindergärten inklusive Gestaltung, Einsaat und Pflege von Blühkästen in der Rheder City. Diese und weitere Bausteine ihres Engagements führten 2021 zur Verleihung des Rheder Ehrenamtspreises im Bereich „Umwelt und Natur“ an Brigitte Nienhaus und damit erstmals an eine Landwirtin. Ihre Freude gibt sie bis heute auch als Bauernhof-Botschafterin im Unterricht an Schulen in der Leader-Region Bocholter Aa weiter.

Vielfältige Angebote des WLV für Schulen

Das Bauernhof-Botschafter-Projekt stellt der hierfür zuständige WLV-Mitarbeiter, Ulrich Schäpers, auch bei der Fortbildung nochmals vor. Über den WLV können Grund- und weiterführende Schulen Experten für verschiedenste landwirtschaftsbezogene Unterrichtsthemen buchen. Weiterhin im Angebot für Schulklassen ist die Vermittlung von Bauernhofbesuchen über das WLV-Projekt „Lernort Bauernhof“, neuerdings im Kreis Borken auch verbunden mit der Möglichkeit zur Bezuschussung der Buskosten bis zu 200 Euro (ermöglicht mit freundlicher Unterstützung der Genossenschaftsbanken unter der Überschrift: „Lernort Bauernhof erfahren“).

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Leckere Produkt-Kostproben der Hanferzeugergemeinschaft Rhede (HEG)

Im Rahmen der Abschlussrunde in der Scheune können sich die Teilnehmenden gestern Nachmittag von den kulinarischen Möglichkeiten des neuesten betrieblichen Projekts überzeugen, welches Brigitte Nienhaus zusammen mit fünf anderen Landwirten vor Ort im letzten Jahr an den Start gebracht hat. Die Erzeugergemeinschaft betreibt Pionierarbeit mit dem Anbau und der Weiterverarbeitung von Nutzhanf. Neben Körnerkissen gibt es vor allem auch leckere Verwendungsmöglichkeiten mit der Nutzung als Öl, als Müsli-Zutat oder als Würze für Bratwurst oder Brotaufstrich.

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So gut gesättigt und voller Eindrücke fällt es den Lehrkräften auch offensichtlich leicht, Ideen zu äußern, was man mit einer Schulklasse hier und auf anderen Bauernhöfen umsetzen und lernen kann. Der protokoll-führende Didaktik-Dozent Hubert Koll (Geschäftsführer Stadt und Land in NRW) füllt den Flipchartblock sehr schnell randvoll mit Ideen und möglichen Anknüpfungspunkten an Lehrplaninhalte aller Schulformen.

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Weitere Infos zum Lernort Bauernhof
Schulen mit Interesse am Lernort Bauernhof oder am Thema Landwirtschaft im Unterricht können sich an den WLV-Kreisverband in Borken wenden. Ansprechpartner ist Ulrich Schäpers, Tel. 02861-930663. Weitere Infos zu Landwirtschaft im Unterricht und Hilfestellungen zu Hofbesuchen finden Interessierte unter www.bauernhof.net (inkl. praktischem Hof-Finder), www.bauernhof-botschafter.de oder www.stadtundland-nrw.de).
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Lehrerfortbildung in Rhede zu "Landwirtschaft und Biodiversität"