Kreisverbandsausschuss | 7. November 2024

Ziel: Landwirte als Lösungsanbieter für smarte Wasserstrategien

Wasserwirtschaftsexperte Professor Andre Niemann referiert in Rhede

Die Landwirtschaft sollte sich in der Diskussion über Strategien im Umgang mit der Ressource Wasser stärker einbringen. So lautete die wichtigste Empfehlung von Professor Dr.-Ing. Andre Niemann beim Kreisverbandsausschuss heute in Rhede: „Sie können das sogar selbstbewusst führen, zusammen mit Politik und Verwaltung!“ Der WLV nimmt sich des Themas unter anderem mit einem neuen Projekt zum Wasserressourcen-Management im Kreis Borken an.

In der Gaststätte Haus Stockhorst im Ortsteil Vardingholt referiert der an der Universität Duisburg-Essen lehrende Wasserwirtschaftsexperte zu Hintergründen und möglichen Antworten auf die Wasserkrise, die ja eine Folge der Klimakrise sei. Dabei bringe die Erwärmung der Meere immense Auswirkungen mit sich: Ein Grad Erwärmung bedeute in der Folge sieben Prozent mehr Wasser in der Luft: „„Wir werden im Mittel insgesamt nicht mehr Niederschläge haben, diese werden aber anders verteilt sein: Im Winter wird es mehr lang andauernde Niederschläge geben und im Sommer längere Trockenphasen mit Starkregen-Ereignissen.“

Deutschland habe sich in der Klimafolgenanpassung auf die daraus folgenden Herausforderungen noch nicht ausreichend eingestellt. Niemann nennt Frankreich als Gegenbeispiel, wo man sich bei öffentlichen Bauvorhaben nicht am Zwei-Grad-Ziel, sondern an einer möglichen 4-Grad-Entwicklung orientiere: „Dort lautet die Überzeugung: Wir müssen künftig so planen und bauen, dass unsere Infrastruktur und die Lebensqualität auch mit einer Entwicklung von 45 Tagen im Jahr mit Temperaturen von 40 Grad und höher zurechtkommen.“

Zur wasserwirtschaftlichen Bewältigung solcher Entwicklungen brauche es auch eine smartere Vernetzung in der Erkennung und Bewältigung von Situationen mit zu viel und zu wenig Wasserdargebot. Dem stehe in Deutschland aber noch ein Stück weit die Kleinstaaterei im Weg. Laut Niemann gibt es in Deutschland 6.800 Wasserversorger, also in der Regel kleinere Player (die auch im Kreis Borken tätige RWW sei da schon einer der Größeren): „Diese sind in den meisten Fällen nicht miteinander vernetzt, was aber ein wesentlicher Faktor für eine verbesserte Resilienz wäre!“ Die schnell fortschreitende Digitalisierung wird die Transparenz beim Thema Wasser in der Landschaft erhöhen. Eine Einzelüberwachung der gerade in ländlichen Gegenden verbreiteten Hausbrunnen sei zwar nicht absehbar, so Niemann: „Aber die Überwachung von Grundwasserkörpern wird smarter werden.“ Anhand schnell verfügbarer Zahlen könne man dann viel fundiertere Entscheidungen zur Bewältigung von Mangelsituationen treffen.

Zukünftig häufiger mit trockenfallenden Gewässern zu rechnen

Nach Auffassung Niemanns müsse Politik da auch klarer regeln, wer entnehmen darf, wenn Wasser zu knapp ist. Landrat Kai Zwicker will dies in der Sitzung so nicht ganz stehen lassen und weist auf verschiedene Maßnahmen hin, die zur Verbesserung der Situation auch im Kreis Borken bereits umgesetzt worden sein, zum Beispiel mit dem Wasserpegel-Meldesystem LoRaWan. Auch an Gewässermaßnahmen sei in der Region zuletzt einiges passiert, zum Beispiel in Stadtlohn an der Berkel und im Südkreis an der Bocholter Aa.

Professor Niemann mahnt in diesem Zusammenhang, dass künftig auch mit dem monatelangen Trockenfallen von Gewässern zu rechnen sei. Dies bringe die Notwendigkeit zur Rettung von Ökosystemen mit sich: „Das dauert ansonsten Jahre, bis diese sich wieder erholt haben.“ Krisenregionen wie Thüringen gingen da sehr kreativ voran mit neuen Systemen, um Wasser zu speichern. Dass dazu im Kreis Borken mehrere Landwirte steuerbare Drainage-Systeme testen – auch mit Begleitung des Wasserausschusses im Landwirtschaftlichen Kreisverband – sei da sehr begrüßenswert, um in der Fläche zu Erkenntnisgewinnen zu kommen.

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Neue Konzepte zum Wasser(mengen-)management in der Erprobung

Thomas Hemmelgarn, Geschäftsführer des Landesverbandes der Wasser- und Bodenverbände, nutzt in der Sitzung die Gelegenheit, um Werbung für ein neues Kooperationsprojekt mit dem WLV zu machen: Am Beispiel des Einzugsgebietes des Wasserschutzgebietes „Borken – Im Trier” arbeiten die Projektpartner zusammen mit Landwirten seit der Auftaktveranstaltung im letztem Jahr an neuen Konzepten zum Wasser(mengen-)management.

Meldung zum Start des Wasserprojektes im Gebiet “Borken – Im Trier” in 2023
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Selbstbewusstsein als Nahrungsmittelproduzent zeigen!

Kreisverbandsvorsitzender Markus Weiß (Borken) bedankt sich zum Schluss bei allen Vortragenden und beim Ausschuss für die rege Diskussion: „Ich finde die Anregung wichtig, dass wir uns als Landwirtschaft da stärker den Hut aufsetzen sollten. Wir dürfen uns da als Nahrungsmittelproduzenten ruhig selbstbewusst zeigen. Wir dürfen nicht warten, dass wir Lösungen vorgesetzt bekommen, sondern sollten selber Lösungen anbieten.“ Das Thema werde auch auf Kreisebene im eigenen Fachausschuss auf der Agenda bleiben, betont dessen Vorsitzender, Thomas Föing (Borken).

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Kreisverbandsausschuss in Rhede mit Schwerpunktthema Wasser