Pressegespräch | 29. September 2023

Vor allem der Mais dreht die Erntebilanz 2023 ins Plus

Vor allem der Mais sorgt in der Landwirtschaft im Kreis Borken in diesem Erntejahr für gute Laune bei Kreislandwirt Heinrich Emming (l.) und Tochter Tanja Emming aus Südlohn sowie beim WLV-Kreisverbandsvorsitzenden Markus Weiß aus Borken. Foto: Stephan Wolfert, WLV
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Nach nervenaufreibendem Erntesommer hoffen Landwirte auf goldenen Herbst

Bei den Ergebnissen könnte der Blick auf die einzelnen Feldfrüchte im Kreis Borken unterschiedlicher kaum sein als in diesem Jahr. Unterm Strich hoffen die Bauernfamilien aber mit der aktuell auf Hochtouren laufenden Ernte von Mais, Gras, Zuckerrüben und Kartoffeln auf eine durchschnittliche bis gute Erntesaison. Dieses Fazit zog der Landwirtschaftliche Kreisverband gestern bei seinem traditionellen Erntebilanz-Pressegespräch auf dem Hof der Familie Emming in Südlohn.

Wenn man Landwirte vor sechs Wochen getroffen hatte, sah deren Befindlichkeit zum Thema Ernte noch etwas anders aus. Im Frühsommer stand lange zu befürchten, dass die Pflanzen auf dem Acker verdorren. Dann wurde es drei Wochen lang bis Mitte August so nass, dass Getreide und Stroh im buchstäblichen Sinne untergegangen sind, warf Kreislandwirt Heinrich Emming einen Blick zurück. Bei der Getreideannahme der Landhändler gab es häufig drei große Haufen, so Emming: „Erstens: Futterqualität. Zweitens: Verminderte Futterqualität oder Biogas. Drittens: Nur ausreichend für Biogas. Und der sozusagen vierte Haufen lag auf dem Acker mit dem Korn, was gar nicht mehr geerntet werden konnte.“

In Jahren wie diesen zeige sich gerade im Westmünsterland, dass der Anbau von Brotweizen zu unsicher oder aufgrund der hiesigen Bodenbeschaffenheit sogar unmöglich sei, so Emming: „Ohne dass das Korn zur Veredlung durch einen Tiermagen geht, lässt sich Weizen in Regionen wie unserer nicht zur Lebensmittelproduktion nutzen. Und auch die Möglichkeit der alternativen Verwertung zur Wärme- und Stromproduktion war nie so wertvoll wie jetzt. So viel Getreide wie in diesem Jahr ist noch nie zur Vergärung in Biogasanlagen gewandert.“

Die Aufs und Abs der Witterung hätten auch die Aufwuchsbetreuung sehr anspruchsvoll gemacht, stellte Markus Weiß heraus: „Wenn Pflanzen Stress bekommen, neigen sie dazu krank zu werden und dann benötigen wir Mittel, um sie gesund zu erhalten. Als Ackerbauern brauchen wir wirksame Werkzeuge, um unsere Ernten zu sichern. Vor allen Dingen können wir nicht mit flächendeckenden Totalverboten beim Pflanzenschutz umgehen.“ Hier liege auch ein Dilemma in der Abwägung zum wassersparenden Wirtschaften, so der Landwirt aus Borken: „Um die vorhandene Feuchtigkeit besser im Boden zu halten, versuchen wir, auf das Pflügen zu verzichten. Das erhöht aber auch das Risiko, dass Unkräuter hochkommen, die unseren Kulturpflanzen zusetzen.“

Ein Problem, das die Branche teilweise auch über Züchtung lösen könne, so Markus Weiß: „Hier müssen wir aber auch so ehrlich sein, dass wir da nur mit klassischer Züchtung nicht schnell genug weiterkommen. Vielleicht müssen wir uns da auch neuen Methoden öffnen. Vor allem die Entwicklung neuer Pflanzensorten mithilfe der sogenannten Gen-Schere (CRISPR/Cas) hat das Potential, die Pflanzen auf unserem Acker dürreverträglicher und widerstandsfähiger gegen Krankheiten zu machen.“

In Antwort auf unsicher werdende klimatische Rahmenbedingungen und die Herausforderung von Natur- und Artenschutz wünscht sich Markus Weiß auch klügere Lösungen als „stumpfes stilllegen“ ohne die Möglichkeit, diese Flächen beispielsweise aktiv zur Stärkung der Biodiversität mit Blühstreifen aufzuwerten: „Allein in Südeuropa sind in diesem Jahr 170.000 Hektar verbrannt und wir werden hier in einer klimatischen Gunstregion gezwungen, Flächen einfach liegen zu lassen. Das ist ein Unding.“ Nachdem die in der EU neu eingeführte Pflicht eines Betriebsanteils von mindestens 4 Prozent nicht-produktiver Ackerflächen in 2023 unter dem Eindruck des Ukrainekriegs ausgesetzt wurde, greift sie im jetzt beginnenden Anbaujahr erstmals.

Noch stärker als die ungelösten ackerbaulichen Herausforderungen bedrücke die Bauernfamilien im Westmünsterland aber die ungeklärte Zukunftsperspektive der Tierhaltung. Nach Angaben der Landwirtschaftskammer NRW hat sich die Schweinehaltung im Kreis Borken von 2021 auf 2022 und von 2022 auf 2023 jeweils um zehn Prozent reduziert. „Das ist ein Strukturbruch, der weniger mit der aktuellen wirtschaftlichen Situation als viel mehr mit fehlender Planungssicherheit für Investitionen zu tun hat“, so Markus Weiß, „Die Konzepte liegen auf dem Tisch. Nun braucht es Entscheidungen für langfristige Finanzierungsprogramme und rechtlich verlässliche Rahmenbedingungen.“

Die nächste Generation in der Landwirtschaft stehe schon am Start. Die Anmeldezahlen an Berufs- und Fachschule in Borken seien erfreulich stabil, so Heinrich Emming. Der Blick der Junglandwirte bleibe optimistisch, so auch bei seiner Tochter, Tanja Emming, die ihre Entscheidung zur Betriebsnachfolge noch keinen Tag bereut habe, wie sie sagt: „In der Landwirtschaft ist jeder Tag, jedes Jahr anders. Vor allem auch in Jahren wie diesem kann man zeigen, was man gelernt hat. Als Landwirtin erntet man das Ergebnis der eigenen Arbeit und das bereitet mir große Freude.“

Gerste, Gras und Mais erfreulich - Weizen und Kartoffeln schwierig

Anlässlich des traditionellen WLV-Erntebilanz-Pressegesprächs auf dem Hof Emming in Südlohn hat Pflanzenbauberaterin Anja Keuck von der Kreisstelle Borken der Landwirtschaftskammer NRW eine Übersicht zu den Rahmenbedingungen und Ernteergebnissen der einzelnen Feldfrüchte erstellt.

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Erntebilanz-Pressegespräch auf dem Hof Emming in Südlohn