Ackerbau & Pflanzenschutz | 13. Oktober 2023

Glyphosat: EU-Entscheidung über Verlängerung der Laufzeit vertagt

Nach der Vertagung entscheidet jetzt der EU-Berufungsausschuss. Minister Özdemir will den Einsatz ab 2024 national nicht mehr gestatten. Der WLV kritisiert diesen nationalen Alleingang der Bundesregierung.

Bekanntlich hat die EU-Kommission eine Verlängerung der Zulassung für Glyphosat um weitere zehn Jahre vorgeschlagen. Dabei stützt sie sich auf die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), die nach der Untersuchung zahlreicher wissenschaftlicher Studien zu dem Ergebnis gekommen war, dass von der Anwendung von Glyphosat keine Gesundheitsgefahren ausgehen.

Am heutigen Freitag sollte über diese Verlängerung im zuständigen Fachausschuss der EU-Kommission für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCoPAFF) entschieden werden. In dessen Sitzung wurde jedoch kein eindeutiges Votum abgegeben. Jetzt muss der sogenannte Berufungsausschuss, bestehend aus Vertretern der EU-Länder, entscheiden.

Bundesminister Cem Özdemir hatte sich im Vorfeld für das Auslaufen der Genehmigung von Glyphosat ausgesprochen und nicht für eine Verlängerung gestimmt. Im Gegenteil: Deutschland will den Glyphosat-Einsatz ab Anfang 2024 national nicht mehr gestatten.

Große Kritik am drohenden Alleingang Deutschlands

Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband kritisiert in aller Deutlichkeit dieses Vorgehen der Bundesregierung. Befürchtet werden Wettbewerbsnachteile für die deutsche Landwirtschaft, wenn Deutschland innerhalb der EU einen Alleingang beim Glyphosatverbot macht.

Bauernpräsident Hubertus Beringmeier findet klare Worte für dieses Verhalten:

„Deutschland hat als agrarischer Gunststandort eine globale Mitverantwortung für die weltweite Versorgung mit Nahrungsmitteln. Dieses Potential gilt es nachhaltig – auch mithilfe von Pflanzenschutzmitteln – auszuschöpfen. Sichere und qualitativ hochwertige Ernten sind ohne den Einsatz biologischer wie chemischer Pflanzenschutzmittel kaum möglich. Ein pauschales Glyphosatverbot, obwohl vom Glyphosateinsatz nach Untersuchungen der europäischen Behörde nachweislich keine Gefahren ausgeht, würde zu Wettbewerbsnachteilen führen. Ein Ende des Glyphosat-Einsatzes würde das Ende der Direktsaat und somit das Ende der pfluglosen Bodenbearbeitung bedeuten, die wichtig für Bodenleben, Humus und Erosionsschutz ist.“

Bereits heute, sagte Beringmeier gegenüber der Presse, werde Glyphosat lediglich in geringem Umfang und – wie bei anderen Pflanzenschutzmitteln auch – nur nach Besitz einer breiten Sachkunde ausgebracht. Auch im Hinblick auf Fruchtfolgen sei es sinnvoll, den Glyphosateinsatz nochmals zu verlängern. „In Westfalen-Lippe haben wir uns schon frühzeitig auf den Weg gemacht, um den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln durch technischen Fortschritt, Nutzung von resilienten Sorten und Digitalisierung zu reduzieren. In der landwirtschaftlichen Praxis befinden wir uns in einem ständigen Prozess aus Wissen, Lernen und Verändern, um die Bewirtschaftung unserer Felder standortbezogen anzupassen und auf diese Weise noch nachhaltiger zu gestalten.“