24. Juni 2022

Schwarz-Grün in NRW steht

Fünfeinhalb Wochen nach der Landtagswahl steht die neue Koalition in NRW. Erstmals in der Geschichte von Nordrhein-Westfalen dürfte das bevölkerungsreichste deutsche Bundesland von einer schwarz-grünen Koalition regiert werden. Wie ist der Vertrag aus Sicht der Landwirtschaft zu bewerten? Mehr dazu hier!

Mit dem Zukunftsvertrag setzen sich die Koalitionäre ambitionierte Ziele. NRW soll nicht weniger als ein Vorbild für andere Länder werden, will Nachhaltigkeit umfassend interpretieren, Wirtschaftspolitik und Klimaschutz zusammendenken und in den Bereichen Infrastruktur, Bildung, Finanzen, Sicherheit und sozialer Zusammenhalt Akzente setzen. Das besondere Augenmerk beider Parteien gilt zudem einer sicheren und klimaneutralen Energieversorgung.

Die Koalitionsvereinbarung setzt offenkundig auf Kooperation und versteht sich als „Bündnis, das Gegensätze überwinden will, um neue Brücken zu bauen". Dieser Grundsatz wird sich in der Praxis bewähren müssen, denn die offenbar beabsichtige Trennung der Ressorts für Landwirtschaft und Forsten, ländliche Räume und Verbraucherschutz einerseits sowie Umwelt und Naturschutz andererseits ist offenkundig mit Risiken verbunden. 

Auf Grundlage des Koalitionsvertrages ist aber ein versöhnlicher Ausgleich zwischen den Interessen von Umweltschutz und Landwirtschaft möglich. Die Aufnahme als Geschäftsbereich bei den Ministerien stärkt die ländlichen Räume und unterstreicht auch deren Bedeutung für das Land NRW.

Tierhaltung und Tierschutz

  • das Bekenntnis zur Nutztierhaltung in Nordrhein-Westfalen. Zitat aus dem Vertrag: "Tierhalterinnen und Tierhalter haben sich auf den Weg gemacht, ihre Erzeugnisse nach hohen Qualitäts-, Sicherheits- und Tierwohlstandards ressourcenschonend zu produzieren. Dabei möchten wir sie unterstützen."

  • die Unterstützung für die Umsetzung der Ergebnisse des Kompetenznetzwerkes Nutztierhaltung, der sogenannten Borchert-Kommission, in der Tierhaltung. Die künftige Landesregierung möchte die Finanzierungsfrage in den Betrieben berücksichtigen und die Betriebe bei der Planung unterstützen.

  • vereinfachte Genehmigungsverfahren für Tierwohl-Investitionen in bestehende Bauten

  • den Willen, die „Nutztierhaltungsstrategie NRW" weiter zu entwickeln.

  • dass im Baurecht der Bestandsschutz von Stallbauten an die überbaute Fläche gebunden werden soll, d.h. Anbauten sollen nicht möglich sein.

  • dass ein angekündigtes Sofortprogramm zur Förderung tierfreundlicher Außenklimaställe für Betriebe auf maximal zwei Großvieheinheiten je Hektar begrenzt werden soll.

Agrarpolitik/ Pflanzenbau

  • das Bekenntnis zur Ernährungssicherung als Aufgabe einer leistungs- und wettbewerbsfähigen bäuerlichen Landwirtschaft

  • bessere Rahmenbedingungen für kleine Betriebe, Öko-Betriebe und Weidehaltung, auch durch das angekündigte „ambitionierte Wolfsmanagement"

  • das Vorhaben, regionale, saisonale wie auch ökologische Versorgung und Vermarktung zu stärken

  • das Vorhaben, Direktvermarktung zu unterstützen und mehr regionale Erzeugnisse in öffentliche Kantinen einzusetzen

  • die Ankündigung, Mehrbelastungen aus Auflagen des Landes finanziell auszugleichen

  • das Zukunftsprogramm Moderne Landwirtschaft, das eine sachgerechte Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes durch Beratung und Förderung zum Ziel hat

  • die Ankündigung, die durch den Klimawandel bedingten Herausforderungen im Pflanzenbau in den Blick zu nehmen

  • die geplante einzelbetriebliche Betrachtung und verursachergerechte Reduzierung von Nitrateinträgen

Fläche, Natur und Wasser

  • den besseren Schutz landwirtschaftlicher Flächen, denn sie sind nicht vermehrbar und ein hohes Gut, das es zu schützen gilt

  • dass das Prinzip der Flächensparsamkeit Leitschnur des Regierungshandelns sein soll

  • die Einführung eines „Planzeichen Landwirtschaft" bei allen Regional- und Flächennutzungsplänen

  • das Bekenntnis zum kooperativen Naturschutz und den Willen, alle Akteure an Runden Tischen zusammenzubringen

  • den Fokus auf ökologische Qualität beim naturschutzrechtlichen Ausgleich

  • dass durch das Baulandmobilisierungsgesetz Kommunen bessere Möglichkeiten zur Ausübung des Vorkaufsrechts erhalten und so schneller Bauland im Außenbereich erschlossen werden kann

  • die Schaffung eines zweiten Nationalpark

  • dass die geplante Ermittlung von Wasserverbräuchen landwirtschaftliche Betriebe zu erhöhter Dokumentation verpflichten könnte

  • dass Aussagen zum Bodenschutz beim Ausbau des Stromleitungsnetz fehlen

Erneuerbare Energien

  • dass die Netzinfrastruktur deutlich schneller und umfangreicher ausgebaut werden soll als bislang

Windkraft

  • den verstärkten Ausbau der Windenergie auch durch die Nutzung von Kalamitätsflächen

  • die Abschaffung der pauschalen Mindestabstandsregeln

  • die Absicht, den naturschutzfachlichen Ausgleich ohne Flächenbedarfe umzusetzen. Dies erhöht die Akzeptanz für Windenergieanlagen vor Ort enorm.

  • der Windenergieerlass eine klare Definition zur Vollständigkeit von Antragsunterlagenerhalten soll, die Verzögerungen an dieser Stelle unterbinden soll

  • die Genehmigungsbehörden mit notwendigen Personalkapazitäten und Finanzmitteln ausgestattet werden sollen

  • die Steuerung der Windenergie über Regionalpläne mit Ausschlusswirkung 

  • dass bei der Verpflichtung zur separaten Gesellschaftsgründung für die Anwohnerbeteiligung das rechtliche Korsett zur Emission von finanziellen Anteilen unbeachtet bleibt

Photovoltaik

  • Den Vorrang für belastete oder versiegelte Flächen für Photovoltaik oder Agrar-Photovoltaik

  • dass eine Pflicht eingeführt wird, auf (Bestands-) Gebäuden Photovoltaikanlagen zu errichten

  • auf Brachflächen und benachteiligten Flächen die Errichtung von Photovoltaikanlagen – soweit möglich – zu ermöglichen

  • dass auf hochwertigen Ackerböden grundsätzlich keine Freiflächenphotovoltaikanlagen errichtet werden sollen.

  • dass – soweit es nicht absolut hochwertige Ackerböden betrifft - nicht ausdrücklich landwirtschaftliche Betriebe privilegiert sind, auf ihren eigenen Flächen im Rahmen eigener Investitionen Freiflächenphotovoltaikanlagen zu errichten und hierfür ein unbürokratisches Planungsszenario geschaffen wird 

Bioenergie

  • den vermehrten Einsatz von Reststoffen, Bioabfällen und Gülle

Verfahrensbeschleunigung /Bürokratieabbau

  • das Planungsverfahren standardisiert und stärker digitalisiert werden sollen, mehr Personal eingesetzt und eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung sichergestellt werden soll

  • Dass grundsätzlich eine 1-zu-1-Umsetzung europäischer Regelungen in nationales Recht vorgenommen wird

Steuern

  • dass der Betrieb von Anlagen bis 30 Kilowattpeak steuerlich als Liebhaberei unberücksichtigt bleiben soll

  • die Abschaffung der doppelten Grunderwerbssteuer

  • Die flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger

  • die Initiative zur Schließung von steuerumgehenden Gestaltungsmodellen (Share-Deals) beim Immobilienerwerb.

Wald und Jagd

  • die Stärkung der Forstbetriebsgemeinschaften.

    Bei der angekündigten Überprüfung darf die direkte Förderung nicht in Frage gestellt werden.

Hier finden Sie den Koalitionsvertrag auf der Webseite der Grünen NRW.

Hier finden Sie den Livestream zur Vorstellung des Vertrags mit Hendrik Wüst und Mona Neubauer.

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