Ukraine | 9. Juni 2023

Wassermangel nach Bruch des Kachowka-Staudamms

Die Zerstörung des Kachowka-Staudamms in der Ukraine hat den Druck auf den ukrainischen Agrarsektor erhöht und gleichzeitig die Preise für Getreide und andere Agrarprodukte weltweit in die Höhe getrieben.

Die Landwirtschaft macht mehr als die Hälfte der Exporteinnahmen der Ukraine aus, auf die Kiew angewiesen ist, um seinen Kampf gegen die russische Invasion zu finanzieren. Der Damm im Südosten der Ukraine wurde am frühen Dienstag zerstört, und im Internet veröffentlichte Aufnahmen zeigten, wie riesige Wassermengen flussabwärts strömten.

Landwirte erklärten, dass die Bewässerung ihres Landes von dem riesigen Stausee abhinge, der durch den Damm bisher zurückgehalten wurde. „Mein Geschäft ist vorbei, weil wir kein Wasser mehr haben werden“, sagte Petro Grigoriev, Landwirt in einem von Russland besetzten Teil der Region Cherson. Seine Flächen werden über einen Kanal bewässert, der aus dem Stausee gespeist wird. Da das Wasser weiter Ackerland überspült, müssen viele Landwirte und Lebensmittelproduzenten abwarten, bis sie Schäden an ihrem Land und ihrer Agrarproduktion feststellen können, insbesondere diejenigen, deren Grundstücke in besetzten und schwer zugänglichen Teilen des Landes liegen.

Ein großer europäischer Tomatenmarkhersteller mit Fabriken und Anbauflächen im besetzten Cherson berichtet, dass sie Probleme mit der Bewässerung auf sich zukommen sehen. Das würde die Produktion extrem einschränken. Der Umfang ist aktuell noch nicht abschätzbar. Nach den ersten Schätzungen des ukrainischen Agrarministeriums wurden am rechten Ufer des Dnipro in Cherson rund 25.000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche überflutet; auf der gegenüberliegenden, besetzten Seite des Flusses sei es „ein Mehrfaches“.

Darüber hinaus wird die Katastrophe die Wasserversorgung von 31 sogenannten Feldbewässerungssystemen unterbrechen. Jedes dieser Systeme bewässert etwa 1,4 Millionen Hektar Ackerland, auf denen insgesamt Getreide und Ölsaaten im Wert von etwa 1,5 Milliarden Dollar hätten angebaut werden können, erklärte das Ministerium und betonte, dass sich die Schätzungen noch ändern könnten.

Bereits vor der Explosion hatte der Verband des ukrainischen Getreidehandels die Getreide- und Ölsaatenproduktion der Ukraine geringer einschätzt: In diesem Jahr könnte sie um 36 Prozent gegenüber 2021 zurückgehen und um fast 8 Prozent gegenüber 2022. (Reuters)